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Prof. Dr. Helmut Reichling zu Themen von gestern, heute und morgen
aktualisiert am: 24.02.2016
DAS DUELL
Die Entstehung des
Begriffes „Duell“
Das Duell oder zumindest der Begriff „Duell“ übt auf die
Menschen unserer Zeit noch immer eine gewisse Faszination aus.
Im Kopf läuft ein Film ab, voll Dramatik, von
wechselhaftem Kampfglück, überraschenden Finten und letztendlich vom Sieg des
Guten.
Auch in unserer Umgangssprache haben „Duelle“ ihren
festen Platz. Wir kennen die „Rededuelle“ in öffentlichen Diskussionen, die
„Fernsehduelle“ der Spitzenpolitiker vor Wahlen und mancher Sportreporter
beschert uns auch das „Duell“ zweier Bundesligavereine beim Fußball, obwohl die
Verwendung des Wortes „Duell“ im Mannschaftsport sprachlich nicht ganz
angemessen ist.
Im „Duell“ glauben wir, das lateinische „Duo“ also die
Zahl Zwei erkennen zu können und sind sogleich an das musische „Duett“
erinnert, in dem zwei Sänger ihre Stimmen in meist wohltönenden Gleichklang
bringen.
rIm „Duell“ glauben wir, das lateinische „Duo“ also die
Zahl Zwei erkennen zu können und sind sogleich an das musische „Duett“
erinnert, in dem zwei Sänger ihre Stimmen in meist wohltönenden Gleichklang
bringen.
Der Wortursprung liegt im lateinischen Duellum, der
bilateralen Entsprechung des lateinischen Wortes „Bellum“ das „Krieg“ bedeutet.
„Bellum“, im
Lateinischen ist aus dem griechischen
„Ptolemos“ abgeleitet. In Homers Ilias ist der Ptolemos der Kampf, der Krieg
vor Troja, das „Getümmel“ der bewaffneten Scharen, die mit ihren
bronzezeitlichen Waffen, - Stahl war zur Zeit des trojanischen Krieges noch
nicht verbreitet – auf einander einschlugen.
Doch schon die Ilias unterscheidet sehr genau, zwischen
diesem Massenmassakrieren und dem Kampf der herausgehobenen aristokratischen
Krieger. Deren Begegnung auf dem Schlachtfeld hatte mit dem „Ptolemos“, dem
„Bellum“ nichts zu tun. Die Edlen waren Einzelkämpfer, nur von Ihren
Wagenlenkern begleitet, die sich Mann gegen Mann einen „heroischen“ also heldenhaften Zweikampf lieferten.
Niemand aus dem einfachen Kriegsvolk auf beiden Seiten der wäre es eingefallen,
sich in irgendeiner Weise in diesen Zweikampf einzumischen.
Diese Art
des Krieges war kein „Bellum“, sondern ein „Duellum“, wie es die römischen
Schriftsteller bezeichneten.
Die heroischen
Zweikämpfe
Das Bekannteste Duell aus dem Trojanischen Krieg ist der
Zweikampf zwischen dem fast unverwundbaren Halbgott Achill auf der griechischen
und dem Helden Hektor auf der trojanischen Seite. Aber auch sonst kann in der
abendländischen Tradition die Geschichte des Trojanischen Krieges als die
Urerzählung der in den nachfolgenden Jahrtausenden stattfindenden Duellen
gelten:
So erfahren
wir unter anderen Zweikämpfen auch vom Duell der schönen Amazonen-Königin
Pentesilea, die mit ihren Mädchen auf trojanischer Seite in den Krieg eingreift
und sich fatalerweise unsterblich in den blauäugigen, blonden Achill verliebt,
der sie allerdings aufgrund seiner sexuellen Orientierung, wie man heute sagen
würde, zurückweist.
Pentesilea sucht aus Verzweiflung das Duell mit Achill,
obwohl sie weiß, dass sie es nicht überleben wird. Erst als der Halbgott sie
durchbohrt, findet sie die ersehnte Vereinigung mit ihm.
Schon in dieser sehr frühen Überlieferung finden wir
etwas von der besonderen Verbindung der Duellgegner vor, während und nach der
Begegnung.
Die Historiker datieren die Basisgeschichte des
Trojanischen Krieges ins 12. oder 13. vorchristliche Jahrhundert. Gleichwohl
sind die Duelle vor Troja nicht die ersten literarischen Zeugnisse von
hervorgehobenen Zweikämpfen.
Das mir
bekannte älteste Dokument ist die Geschichte von Sinuhe, dem ägyptischen
adeligen Krieger. Sinuhe liefert sich ein Duell mit dem sogenannten „Starken
von Retjenu“. Dieses Epos stammt aus der 12. Dynastie des mittleren Reiches,
ist also etwa 1900 Jahre vor Christus entstanden, 600 Jahre vor Troja.
Mit Retjenu wurde in Altägypten die Gegend des heutigen
Palästina bezeichnet und möglicherweise begegnet uns ein Nachkomme des Starken
von Retjenu in einem anderen bekannten Duell. Dem sicher bekanntesten Duell der
Welt, das auch heute noch sprichwörtlich ist:
Goliath,
der Vorkämpfer des Philister- Heeres, ein der Überlieferung nach drei Meter
hoher Riese mit sechs Fingern an jeder Hand und zehn Zehen an jedem Fuß, dessen
Lanzenspitze bereits aus Eisen bestand –für die damalige Zeit eine ebenso
moderne wie absolut tödliche Waffe- traf auf den Hirtenjungen David, der
sich als Einziger aus dem Heer des jüdischen Königs Saul diesem
furchterregenden Krieger zum Zweikampf stellte.
Der Ausgang des Duells ist ebenso sympathisch wie
bekannt. David erledigt Goliath mit
einem Wurf seiner Steinschleuder auf Distanz, bevor das Ungetüm ihn angreifen
kann. David der später König, Frauenliebhaber und Psalmist wurde, regierte etwa
1000 vor Christus.
Verweilen wir noch einen Moment bei Goliath, dem
Vorkämpfer des Philister Heeres: Der Begriff Vorkämpfer begegnet uns heute noch
in unterschiedlichstem, meinst weniger kriegerischem Zusammenhang. Da gibt es
eine Vorkämpferin für die Frauenrechte, Vorkämpfer für Nachtflugverbote,
Kinderschutz, Umweltsauberkeit, veganes Leben und noch viel mehr für das
Betroffene ihre Stimme erheben können.
Der Zweikampf zur
Entscheidung von Streitigkeiten
Im kriegerischen Sinne fiel dem Vorkämpfer eine besondere
Funktion zu. Wir kennen zahlreiche Geschichten in der ein Zweikampf eine
Massenschlacht ersetzen sollte. Protagonisten auf beiden Seiten waren entweder
sorgfältig ausgewählte Zweikämpfer, die sich in Stärke und Tapferkeit vor allen
anderen auszeichneten oder die jeweiligen Anführer der Kriegsheere.
Der Ausgang des Duells sollte über den Ausgang des
Feldzuges entscheiden.
So einigten
sich beispielsweise Karl I. von Anjou und Peter III. von Aragon den Krieg um
Sizilien durch einen Zweikampf zu entscheiden. Dieses Duell sollte am 1. Juni
1283 in Bordeaux stattfinden. König Edward I. von England konnte als
unparteiischer Schiedsrichter gewonnen werden. Peter von Aragon kam in der
Nacht nach Bordeaux, musste feststellen, dass sein Gegner nicht angereist war
und verließ die Stadt wieder, da er befürchtete, Karl von Anjou könne doch noch
auftauchen.
Am Ostersonntag des Jahres 1536 bot Kaiser Karl V. in
Gegenwart des Papstes dem französischen König Franz I. ein Duell um die
Herrschaft über Mailand und Burgund an. Der Roi-Chevalier, wie sich Franz I. gerne nennen lies nahm die
Herausforderung nicht an, sondern führte lieber mehrere verlustreiche und teure
Kriege gegen das Haus Habsburg.
Die Zeit des Fürsten als dem vornehmsten
Ritter seines Reiches, wie sich Kaiser Maximilian, den man ja gerne den letzten
Ritter nennt, gerne sah, war wohl endgültig vorbei.
Maximilian war der Großvater
Karl V.
Dabei hätten die beiden
Herrscher ihr Duell durchaus noch nach den Regeln des traditionellen
mittelalterlichen Turniers ausrichten können.
In allen traditionellen Helden-Epen
unseres Kulturkreises, im
Nibelungen-Lied, der Arthus-Sage und vielen anderen Erzählungen ritterlicher Aventüren nehmen Schilderungen
des Zweikampfes einen breiten Raum ein.
Die ersten Regeln für Zweikämpfe und die Gerichtskämpfe
Diese ritterliche Begegnung
Mann gegen Mann begründete die Regeln des Duells im 18. und 19. Jahrhunderts.
Festgelegte und
niedergeschriebene Regeln eines solches Kampfes wurden als Cartell bezeichnet.
Ein Begriff der uns heute in anderem, wirtschaftlich juristischen Zusammenhang
durchaus geläufig ist.
Zweikämpfe bei Turnieren
dienten der Kampferprobung und Repräsentation der Ritterschaft und waren eher
ein sportliches Ereignis als ein Kampf auf Leben und Tod.
Kam ein Ritter zu Tode, war es
in der Regel ein Turnierunfall, der ihm das Leben kostete.
Anders sah es freilich bei dem
sogenannten Gerichtskampf aus:
Bei Streitigkeiten unter
Adeligen, die durch keinen Lehensherrn als Gerichtsherren zu lösen waren wurden
durch Zweikämpfe entschieden.
Im Ausgang dieser Duelle sahen die Zeitgenossen auch den Ausdruck des
göttlichen Willens und damit ein Gottesurteil. Der Zweikampf diente prozessual
zur Erklärung des Sachverhaltes, wenn sich das „Vorbringen“ der beiden
Prozessparteien widersprach und kein anders Mittel zur Wahrheitsfindung zur
Verfügung stand.
Oft war es sogar der
Lehensherr, der im geregelten gerichtlichen Verfahren die Kläger einen
Gerichtskampf austragen ließ.
Sehr bekannt ist die nicht historische aber anschauliche Geschichte der
Elsa von Brabant. Der Ritter Telramund bezichtigt Elsa von Brabant ihren Bruder ermordet
zu haben, um die Herrschaft in Brabant antreten zu können. Elsa bestreitet
diesen Vorwurf entschieden. Sie gibt vor, ihr Bruder Gottfried sei bei einem
gemeinsamen Spaziergang im Wald verschwunden. Die Suche blieb erfolglos. Da so
Aussage gegen Aussage steht und die Indizien gegen Elsa sprechen, ordnet König
Heinrich I. einen Gerichtskampf nach den Regeln an. Auf der einen Seite Telramund
auf der anderen ein Ritter, der die Sache Elsas vertritt, die als Frau nicht selbst
das Duell bestreiten muss.
Natürlich ist Elsa im Recht
und auf ihrer Seite überwindet der Gralsritter Lohengrin den Ankläger. Der Rest
der Geschichte ist in einer mehrstündigen Oper von Richard Wagner nachzuhören.
Diese Gerichtskämpfe haben
eine sehr lange Tradition. Bereits 816 erließ der Kaiser Ludwig der Fromme in
einem sogenannten Kapitular eine Regelung des gerichtlichen Zweikampfes.
Da Frauen und alte Menschen
das Recht hatten sich im Gerichtskampf vertreten zu lassen, entstand schon zur
damaligen Zeit der Berufsstand der Champion - auch ein Wort das wir heute noch
kennen – Berufskämpfer denen eine Prozesspartei ihren Rechtsstreit übertragen
konnte.
Die Tradition unserer heutigen
gerichtlichen prozessbevollmächtigen Anwälte wird nicht zuletzt bei diesen
Champion zu suchen sein.
Einer der bekanntesten dieser Champion war Hans Talhoffer (1420 bis
1490), der vor Allem als Verfasser von Lehrbüchern über die Fechtkunst bekannt
wurde.
Die Hiebe und Finten der
Duelle mit kalten Waffen, im 18., 19. und 20. Jahrhundert wurde von Talhoffer
wesentlich beeinflusst.
Die Standesfrage war allerdings im gerichtlichen Zweikampf ein
wesentliches Element. In der ersten umfänglichen deutschen Gesetzeskodifikation
des Eike von Repgow (1230) wird dies in den Passagen über den Gerichtskampf
ausführlich erörtert. Wörtlich: „Jeder Mann kann Zweikampf weigern dem, der niedriger
geboren ist als er; wer aber besser geboren ist, den kann der niedriger
Geborene nicht wegen seiner niedrigeren Geburt zurückweisen, wenn jener ihn
herausfordert.“
So hat Eike von Repgow einen
Begriff vordefiniert, der später in den Duellen, die keine Gerichtskämpfe mehr
waren, eine wichtige Rolle spielen wird, den Begriff der „Satisfaktionsfähikeit“.
Ein Edelmann brauchte sich
nicht mit einem Bauern zu schlagen, weil er als Edler ja höher geboren war.
Beim klassischen Duell forderte der Edle – obwohl er es gemäß den Regeln des
Sachsenspiegels gekonnt hätte- den Bauern nicht heraus, weil der eben aufgrund
seines niedrigeren Standes nicht „satisfaktionsfähig“ war. Der Bauern konnte dem Edlen durch einen
Zweikampf keine Genugtuung geben.
Im Sachsenspielgel sind die
Regeln des Zweikampfes genau festgelegt:
Die Waffen für die Duellanten sind
gleich: Schwert und Schild. Sie werden vom Gericht zur Verfügung gestellt. Es sind
zwei Schwerter zulässig, eines in der Hand und eines am Gürtel oder zwei in den
Händen. Der Schild ist rund und aus Holz und Leder. Der Schildbuckel kann
eisern sein. Die Kleidung besteht aus Leinenstoff. Lederteile dürfen nach
Belieben getragen werden. Gepanzerte Handschuhe sind unzulässig, nur dünne
Handschuhe sind erlaubt.
Die Streitenden treten ohne
Einmischung von außen gegeneinander ein. Vom Richter als Unparteiischem, wird
jedem der beiden Duellanten noch ein Mann zur Seite gestellt, (wir kennen
diesen Mann heute als „Sekundanten“.) der mit einer Eisenstange ausgerüstet
ist, die er zwischen die Kämpfer steckt, wenn einer stürzt, verwundet wird oder
diese Stange erbittet.
Die Funktion der „erbetenen
Eisenstange“ ist auch heute noch im Boxsport bekannt, wenn der Betreuer eines
Boxers „das Handtuch wirft“ und damit den Kampf beendet.
Bereits im 13.-Jahrhundert
wurde der gerichtliche Zweikampf, der ja auf der Vorstellung des Gottesurteils
beruhte, ausgerechnet von der Kirche immer mehr kritisiert. Man suchte nach
moderneren effektiveren Formen der Wahrheitsfindung und kam so zur Folter als
einem Instrument der Gerichtsbarkeit, das schnelle, eindeutige und vor allem
erwünschte Ergebnisse in der Prozessführung brachte.
Der Zweikampf verschwand aus
dem juristischen Bereich und das Duell entwickelte sich zu einer Institution,
die in der Standesgesellschaft der Verteidigung der persönlichen Ehre außerhalb
der Gerichte dienen sollte.
Der „Ehrenhändel“ und das Duell
Das Strafrecht der
Bunderepublik Deutschland kennt in § 185 den Straftatbestand der „Beleidigung“,
dem ein Strafantrag durch den Beleidigten vorausgehen muss als
Privatklagedelikt nach § 374 StPO. Die Beleidigung kann dabei durch
beleidigende Äußerungen oder durch beleidigendes Handeln erfolgen. Für den
Juristen ist die Beleidigung ein sogenanntes Ehrdelikt. Der Psychologe
definiert Beleidigung als eine Aussage oder Handlung eines Senders, der das Ego
bzw. den Stolz eines Empfängers mit negativen Emotionen assoziiert,
In Zeiten in denen die
persönliche Ehre in Ermangelung anderer Maßstäbe für die Rangordnung einer
Person in der Gesellschaft oder der jeweiligen sozialen Bezugsgruppe eine
besondere Rolle spielt, ist der Empfänger der Beleidigung im psychologischen
Sinne sehr schnell bereit sich gegen eine Beleidigung zu wehren. Ja die
Gesellschaft oder eben diese soziale Bezugsgruppe in die der Beleidigte
eingebunden ist, erwartet unbedingt, dass auf die Beleidigung in angemessener
Weise reagiert wird.
Bleibt diese Reaktion, aus
welchen Gründen auch immer aus, gilt der Beleidigte in seinem jeweiligen
gesellschaftlichen Umfeld als „ehrlos“.
Schon der mittelalterliche Ritterschlag war eine symbolische
Aufforderung für den jungen Adeligen, diesen Schlag als letzten unerwiderten
Hieb hinzunehmen und seine ritterlichen Pflichten uns somit seine Ehre künftig
mit dem Schwert zu verteidigen.
Aus dieser Einstellung folgt
die Notwendigkeit und die Bereitschaft des Adeligen bei Beleidigungen nicht
etwa die Gerichte anzurufen, sondern die Verteidigung seiner Ehre selbst in die
Hand zu nehmen.
Dabei ist davon auszugehen,
dass der Adelige nur von einem Mann gleichen Standes beleidigt werden konnte,
der ihm Genugtuung, also „Satisfaktion“ mit der Waffe bieten konnte.
Meinte ein Bauer einen Edlen
beleidigen zu müssen, so schickte der seinen Diener mit der Peitsche, die
Peitsche wurde danach verbrannt.
Bei der Beleidigung durch
einen Standesgenossen sahen die Dinge
anders aus. Es kam zum Duell mit der Waffe.
Der gesellschaftliche Zwang
Zunächst waren es insbesondere
französische Adelige, die sich dem gesellschaftlichen Zwang zum Duell
ausgesetzt sahen.
Zwischen 1594 und 1610 sollen
allein in Frankreich 8.000 Adelige und Offiziere in Duellen ihr Leben verloren
haben. Der französische Adelige Francois de Montmorency (1600-1627), soll in
einem einzigen Jahr 40 Kontrahenten im Duell getötet haben.
Nachdem sogar der Bruder des
ersten Ministers des Königs, des mächtigen Kardinal Richelieu im Duell den Tod
gefunden hatte, wurde in Frankreich das Duell bei Todesstrafe 1626 verboten.
Es ist die Zeit in der Dumas seine Geschichte von den Musketieren
angesiedelt hat, jener dem König, Ludwig XIII. treu ergebenen adeligen
Offiziere, deren Lieblingsbeschäftigung offensichtlich das Duell war und die
sich darüber hinaus noch mit den Männern des Kardinals herumschlagen mussten.
Dumas hat mit seinen
Musketieren unsere Vorstellung des Duells der damaligen Zeit nachhaltig
geprägt.
Der Kardinal nahm aber das
Duell-Verbot sehr ernst. Nachdem der oben erwähnte Francois de Montmorency
nacheinander den Marquis de Portes und den Comte de Thorigny getötet sowie den
Baron de la Frette schwer verwundet hatte, musste er sich nach Brüssel absetzen.
Dort verwendeten sich
zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten für seine Begnadigung und der König
wollte durchaus beide Augen zudrücken. Aber Francois de Montmorency kündigte
öffentlich an, dass er sein nächstes Duell, trotz des Verbotes des Kardinals
bei helllichtem Tag mitten in Paris ausfechten
werde.
Es dauerte auch nicht lang,
dann fühlte sich Montmorency vom Marquis Bussi d´Amboise beleidigt und das
Duell wurde tatsächlich auf dem Place Royale in Paris ausgetragen. Der Marquis
starb durch die Klinge Montmorencys. Das Ereignis muss so spektakulär gewesen
sein, dass sich im Anschluss daran auch noch die beiden Sekundanten, der Comte
de Chappelles und der Marquis de Beuvron duellierten.
Da war für den Kardinal das Maß voll. Montmorency wurde noch am
Duellplatz verhaftet und fünf Wochen später, auf der Place de Gréve in Paris
enthauptet.
Dies geschah wiederum gegen
den heftigen Widerstand maßgeblicher Adelsfamilien, die im Duell die einzige
Möglichkeit sahen ihre Ehre zu verteidigen. Für Richelieu war die Enthauptung
des Duell-Königs ein weiterer Schritt zur Entmachtung des Adels.
Auch in den Gegenden des
heutigen Deutschland spielte das Duell eine wichtige Rolle.
Doch während und nach dem
dreißigjährigen Krieg hatte der Adel andere Sorgen, zumal die protestantische
Glaubensgemeinschaft seit jeher im Duell ein Verstoß gegen das göttliche Gebot
„Du sollst nicht töten“ sah.
Vor allem in den Hansestädten
in denen der Wert eines Mannes eher mit seinem wirtschaftlichen Erfolg als an
einem abstrakten Ehrbegriff verknüpft war, stand man dem Duell eher kritisch
gegenüber.
So veröffentlichte der protestantische
Pastor Michael Sircks, der sich Siricius nannte im Jahre 1645 eine Predigt mit
dem Titel: „Warnungs Predigt darinnen wie durch eine göttliche Kette und
Donnerstrael alle Todtschläger Duellanten und Balger von ihren unmenschlichen
Mordthaten abgezogen und abgeschrecket werden.“
Anlass zu dieser Predigt war
ein Duell mit tödlichem Ausgang in der Hansestadt Lübeck. Der wackere Geistliche
merkt dazu an: „..wie kurz zuvor den 2. Juni zween Adeliche Personen uneins
wurden in ein Duellum gerathen und beyde auf der Wahlstatt blieben.“
Das Duell als Privileg der höheren Schichten
Trotz der kritischen Sicht von
Kirche und Obrigkeit blieb freilich das Duell ein fester Bestandteil der
schichtspezifischen Verhaltensweisen bis in 20. Jahrhundert hinein.
Der Adel konnte gerade in
Zeiten in denen die Bedeutung der Aristokratie durch das erstarkende Bürgertum
immer mehr zurückgedrängt wurde, auf das Instrument des Duells zur Verteidigung
seiner Ehre nicht verzichten.
Ganz im Gegenteil, das
Bürgertum imitierte den Ehrenkodex des Adels und nahm insbesondere nach der
französischen Revolution in Frankreich und nochmals verstärkt durch die Befreiungskriege
gegen Napoleon und die bürgerliche Revolution in Deutschland das Duell auch in
seinen Ehrenkodex auf.
Der Begriff der
„Satisfaktionsfähigkeit“ wurde neu definiert und dadurch genau festgelegt, wer
sich mit wem duellieren durfte, um die Ehre wieder herzustellen.
Zunächst einmal war
selbstverständlich der Adel untereinander immer satisfaktionsfähig,
Der Adel trug auch bei
gesellschaftlichen Ereignissen einen Degen, desgleichen gehörte auch der Degen
zur Ausstattung des Offiziers, was in deutschen Landen bis zur Reichgründung
1871 gleichbedeutend war, denn erst danach wurde das Offizierskorps für
Nichtadelige geöffnet und es entstand zudem die Funktion und der Rang des
Reserveoffiziers bürgerlicher Herkunft. Ebenso wollten die Studenten, die in
studentischen Freikorps gegen Napoleon gekämpft hatten, nicht auf das Recht des
Waffentragens verzichten. Dieses Privileg übertrug sich, nicht zuletzt
angeheizt durch die bürgerliche Revolution von 1848 auf die Burschenschaften,
studentischen Turnerschaften und Landsmannschaften.
So galt im 19. Und 20.
Jahrhundert, der Adelige, der aktive Offizier, der Waffenstudent und der
Akademiker der gehobenen bürgerlichen Schicht als unbedingt satisfaktionsfähig.
Das bedeutete, der Beleidiger musste jederzeit damit rechnen, sich aufgrund
einer Verbalinjurie oder einer tätlichen Beleidigung einem Duell stellen zu
müssen.
Auch zu dieser Zeit galt noch
der Grundsatz, dass derjenige der sich einem Duell nicht stellte bei seinen
Standesgenossen als unehrenhaft galt.
Nur war jetzt nicht nur der
Adel betroffen, sondern auch die nichtadeligen Offiziere, Studenten, Akademiker
und Großbürger.
Wer als Offizier im Deutschen
Kaiserreich oder als Offizier der k.u.k. Armee in Österrreich ein Duell
verweigerte musste sogar mit seiner Entlassung aus dem Dienst rechnen.
Begründung: „Er hat nicht das richtige Ehrgefühl und darum seine Pflicht als
Offizier verletzt.“
Nach diesem vernichtenden
Urteil blieb dem Offizier in der Regel nur der Freitod, um zumindest seine
Familie vor der Schande zu bewahren. Also wurde das Duell angenommen auch wenn
man mit einem tödlichen Ausgang rechnen musste.
Dieser überaus strenge
Ehrbegriff führte freilich auch dazu, dass in Offizierskreisen Bürger, wenn sie
nicht Reserveoffiziere waren, nicht als satisfaktionsfähig angesehen wurden.
Auf die Beleidigung durch
einen nichtgedienten Oberstudienrat musste der Offizier also nicht mit einem
Duell reagieren.
Bei einem Appellationsgericht-Präsidenten,
der dem studentischen Korps Rhenania zu Bonn angehöhrte und den Rang eines
Hauptmanns der Reserve erworben hatte, konnte eine Genugtuung mit der Waffe
eingefordert werden. („Der Mensch beginnt erst ab Oberleutnant“)
Ebenso konnte ein renommierter
Dirigent einen kritischen Zeitungsredakteur zum Duell fordern, wenn er sich von
Berichterstattung über eines seiner Konzerte beleidigt fühlte.
Die blanken Duellwaffen
Der Ausgang eines Duells hing
einerseits von der Geschicklichkeit der Duellanten andererseits von der Wahl
der Waffen ab.
Während beim mittelalterlichen
Gerichtskampf noch das Schwert als Waffe des Zweikampfes vorgeschrieben war,
wurden die Duellwaffen im Laufe der Zeit verfeinert.
Vor der Entwicklung
kurzläufiger Feuerwaffen stritten die Kämpfer mit sogenannten blanken Waffen.
Dazu gehörten in den romanischen Ländern das Rapier, später in Frankreich und Deutschland
der Degen. Von Offizieren wurde auch der leichte Säbel gern als Duellwaffe
gewählt.
Der Degen als Waffe und
Accessoire des höfischen Kavaliers im 18. Jahrhundert zeichnete sich durch eine
lange gerade Klinge von etwa 110 bis 120 cm aus. .Sie wog weniger als 700
Gramm, war also leichter als eine heutige Offizierspistole und konnte so gut
auch bei offiziellen Veranstaltungen getragen werden, ohne zu sehr zu belasten.
Die Waffe musste elastisch
sein und war in der Regel zweischneidig mit Spitze. So konnte der Degen
überwiegend als Stichwaffe verwendet
werden.
Die meisten Todesfälle oder
schweren Verletzungen entstanden durch Stichwunden.
Die Hand des Fechters war
entweder durch einen sogenannten Korb aus Stahlgeflecht über dem Degengriff
geschützt, oder durch eine runde Metallhalbkugel mit Parier- Stange, die man
Glocke nannte. Korb oder Glocke bedurften unterschiedlicher Handhabung.
Die Rapierklinge ist
eigentlich die französische Schwester dieses Degens, denn der Höfling von
Versailles trug natürlich keinen „Degen“
sondern ein „raipiere“, der Spanier ein „espada ropera“, wörtlich übersetzt ein
Schwert das zur Garderobe getragen wird. Das Rapier als Duellwaffe war schwerer
als der Degen und besaß eine deutlich längere Klinge, die im Gegensatz zum
Degen nicht elastisch sondern starr war. Die Klinge wurde zweischneidig
geschliffen und besaß keine Spitze.
Damit entsprach das Rapier in
etwa dem deutschen „Haudegen“, der als Synonym für den Waffenträger noch heute
in unserem Wortschatz ist.
Die Duelle in Frankreich
wurden mit einem „Rapiere“ ausgetragen, das dem beschriebenen Stichdegen
entsprach. Das Rapier als Hiebwaffe ohne Spitze ist noch heute die Waffe der
studentischen Duelle, der sogenannten Mensur.
Der Säbel als blanke Duellwaffe unterscheidet sich deutlich vom Degen:
Die Säbelklinge ist leicht gekrümmt. Nicht selten beidseitig geschliffen, um dem Kämpfer
auch den effektiven Rückhandschlag zu ermöglichen. Als universelle Stoß- und
Hiebwaffe kam der Säbel über den Orient nach Europa und etablierte sich rasch
als Kavalleriewaffe. Der Kampf mit dem Säbel ist bei Weitem nicht so elegant
und präzise wie ein Degenkampf. Es sind jedoch wesentliche blutigere und
tiefere Wunden zu erwarten.
Bei Duellen italienischer
Edelleute soll auch bisweilen das Stilett zum Einsatz gekommen sein.
Ursprünglich als „Parierstangendolch“, den ein rechtshändiger Kämpfer und der
linken Hand führte, um damit Hiebe abzufangen, während die rechte Hand mit dem
Degen die Deckung des Gegners zu überwinden suchte. Kamen sich die Gegner im
Duell sehr nahe, so konnte mit der schmalen, starren Klinge auch der Gegner
lebensgefährlich verletzt werden, während der Fechtarm die Degenklinge des
Kontrahenten fixierte. Diese sehr welsche Art des Zweikampfes wurde allerdings
von Norditalienischen und Venezianischen Edlen entschieden abgelehnt und man
benutzte lieber den Mantel über dem linken Arm um die gegnerischen Hiebe
aufzufangen.
Mit dem Aufkommen kurzläufiger
Handfeuerwaffen fand neben den blanken Waffen die aus der Reiterpistole
entwickelte Duell-Pistole zunehmende Bedeutung.
Die Duellpistolen
Viele klassische Duellpistole aus dem 19.Jahrhunderts sind und bis
heute erhalten. Auch
Offiziere duellierten sich zumeist nicht mit den Ordonanzwaffen, Man bediente
sich besonderer Duellpistolen. Das waren absolut baugleiche Pistolen, die vom
Büchsenmacher als „Zwillingspistolen“ in einem edlen Holzetui ausgeliefert
wurden. Gebräuchlich waren einläufige Pistolen mit brüniertem Lauf und
Edelholzschaft. Traditionelle
Duellpistolen verfügten über ein Steinschloss und wurden mit Blei und
Schwarzpulver geladen Im Etui befand sich daher auch eine Metallflasche mit
Schwarzpulver und die Gerätschäften zum Gießen der Kugeln von 12 oder 14 mm
Durchmesser..
Da schätzungsweise jeder
Vierte Adelige im 19.Jahrhundert mindestens einmal im Leben in ein Duell
verwickelt wurde, war die Anschaffung eines solchen Duellkastens durchaus eine
sinnvolle Anschaffung, die man mit ein bisschen Glück auch mehrmals verwenden
konnte.
Der Pistolenlauf war
üblicherweise nicht gezogen. (Daher kommt unser umgangssprachlicher Ausdruck
„ungezogen“) Damit wollte man gerade in späteren, meist bürgerlichen Duellen
gewährleisten, dass es zum Schusswechsel ohne größere Schäden kam. Dabei war
die Gefahr wegen der Unberechenbarkeit des Geschosses für die Sekundanten höher
als für die Schützen.
Es gab aber auch Duellpistolen
mit gezogenen Läufen. Wurden solche Pistolen verwendet, musste bei geringer
Distanz mit mindestens einem Toten gerechnet werden.
Vor dem Pistolenduell wurden
die Pistolen von den Sekundanten geladen und
die Kiste mit den geladenen Waffen den Kontrahenten dargereicht, die
sich dann jeweils eine dieser Zwillingswaffen auswählten. Der Sekundant wusste
also nicht für wen er die Waffe lädt.
Die Regeln des Duells
Bei einem Duell, unbeschadet
ob es mit blanken Waffen oder mit Pistolen ausgetragen wurde, waren strenge fest vorgegebene Regeln zu beachten.
Obwohl diese Duellregeln
schriftlich fixiert waren, gehörte es zur Allgemeinbildung jedes Adeligen oder
Offiziers diese Regeln zu kennen. Ebenso wurden korporierte Studenten mit
diesen Regeln vertraut gemacht.
Eine der ersten schriftlichen
Fixierungen der Duellregeln finden wir im „Code Duello“ von 1777, später im
„Essai sur le duel“ des Comte de Chateauvillard von 1836. Im deutschsprachigen
Raum erschien 1880 das Buch „Die Regeln des Duells“ das noch 1903 in Wien sein
7. Auflage erlebte oder der 1891 herausgegebene „Duell-Codex“ des
österreichischen Offiziers Gustav Hergsell, der bis ins Jahr 1912 wegen der
großen Nachfrage immer wieder neu aufgelegt werden musste.
Wir verstehen heute diese
Duell-Regeln als Relikte einer untergegangenen Epoche, die freilich noch gar
nicht so lange hinter uns liegt.
Als Waffenstudent musste ich
selbst die Duellregeln aus dem sogenannten Schimmerbuch für junge
Korpsstudenten lernen, das damals (1972) gerade erst neu aufgelegt worden war
und in der Tradition des Buches „Ritterlicher Ehrenschutz“ aus dem Jahre 1907
stand und von dem Grazer Waffenstudenten Felix Busson verfasst worden war.
Natürlich interessieren in
diesem Zusammenhang nicht nur die inneren Regeln nach denen das Duell
abzulaufen hat, sondern vielmehr auch wie die staatliche Gerichtsbarkeit zum
Duell steht.
Direkt nach der Reichsgründung
von 1871 war im Reichsstrafgesetzbuch der Straftatbestand des „Zweikampf mit
tödlicher Waffe“ in den §§ 201-210 definiert. Da die Juristen die dieses Gesetz
formulierten und die Richter die darüber zu urteilen hatten, Mitglieder der
satisfaktionsfähigen Schichten waren, schufen sie einen „Sondertatbestand“ mit
geringerer Strafandrohung, nämlich zwischen drei Monaten und fünf Jahren
Festungshaft. Dabei galt die damals noch gebräuchliche Festungshaft im
Gegensatz zu Zuchthaus oder Gefängnis als nicht ehrenrührig. Wenn das Delikt
überhaupt verfolgt wurde. fielen die Urteile äußerst milde aus und nach kurzem
Strafvollzug erfolgte eine Begnadigung.
Für Offiziere, von denen man
ja die unbedingte Satisfaktion erwartete, war ohnehin die
Militärgerichtsbarkeit zuständig, die keinen Offizier für eine Handlung bestrafte,
die man von ihm erwartete.
Zu Beginn des ersten
Weltkrieges wurden im deutschen Kaiserreich die Duelle unter Offizieren bis zum
Ende des Krieges aufgeschoben und in Österreich am 4.November 1917 endgültig
verboten.
Mein erstes Strafgesetzbuch
der Bundesrepublik Deutschland, das ich mir zu Beginn meines Studiums von einem
älteren Semester gekauft hatte, stammte aus der Zeit vor der Strafrechtsreform
von 1969. Dort waren in der Tat noch die Sondertatbestände für den Zweikampf
aufgeführt, die ich mit Erstaunen gelesen habe, obwohl ich dieses Wissen
natürlich für mein eigenes Studium nicht mehr brauchte. Mir ist bis heute der
Satz in Erinnerung geblieben, dass Sekundanten, Wundärzte und andere indirekt
am Zweikampf beteiligte Personen grundsätzlich straffrei bleiben, wenn sie bis
zuletzt versucht haben, die Duellanten von ihrem Vorhaben abzubringen.
Nach unserem heutigen
Strafrecht ist ein Duell eine gefährliche oder schwere Körperverletzung oder
ein „Totschlag“.
Aber auch hier gibt es
Ausnahmen. Beim studentischen Zweikampf mit der blanken Waffe, der Mensur
handelt es sich nach dem Grundsatzurteil des 5. Strafsenats des BGH zwar im
eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des StGB, dies sei jedoch keine
Straftat da sie mit Einwilligung des Verletzten zustande käme.(Göttinger
Mensurenprozess 1951-1953). Voraussetzung für die Straffreiheit ist nach
Meinung des BGH freilich auch, dass der Zweikampf nicht aus einem Ehrenhändel
entstanden ist und die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden,
z.B. Anwesenheit von zwei Ärzten.
Der Ablauf des Duells
Beleidigung und Forderung
Damit ist heute das Duell kein
Instrument mehr die persönliche Mannesehre zu verteidigen und in Zeiten der
Gleichstellung von Mann und Frau wäre wohl die Jahrhunderte alte Tradition des
Duellablaufes in ihrer überlieferten Form keinesfalls nicht mehr durchführbar.
Gleichwohl umweht das Duell
immer noch wage geheimnisvolle manchmal sogar geheimnisvolle Aura.
Denken wir an die beiden
jungen Männer, in ein und dieselbe Frau in verzehrender Liebe entbrannt, die
sich allerdings für keinen von beiden Entscheiden will oder kann und die sich
dann im Morgennebel auf einer Wiese zum Duell einfinden. Noch als Großmutter wird das Mädchen noch
davon erzählen können, dass sich die Männer einst wegen ihr duelliert haben.
Oder denken Sie an die
wunderschöne Gattin eines renommierten Bürgers, die von den Männern der
Gesellschaft wegen ihres Geistes und ihrer Anmut umschwärmt wird, bis der
Ehemann zur Verteidigung der Ehre seiner Frau, oder besser gesagt seiner
eigenen Ehre, die Notbremse zieht und einen der Buhler zum Duell fordert.
Im 19. Jahrhunderts hätte der
Ehemann dem Herrn der in seinen Augen der Ehefrau zu nahe trat, das Duell
angetragen und ihn zunächst zur Stellungnahme aufgefordert.
Man nannte dies Revozieren
oder Präzisieren.
Der so zu Rede gestellte hätte
Revozieren können. „Ich wollte doch gar nichts von Ihrer Frau, denn sie gefällt
mir ja gar nicht.“ Oder er hätte präzisiert: „Ich bin in unendlicher Liebe
ihrer Frau zugetan und bereit für Sie zu sterben.“
Bei einer einfachen
Beleidigung wäre das Revozieren eine Rücknahme der beleidigenden Äußerung mit
einer Entschuldigung für die ungeschickte oder törichte Formulierung des
Gesagten gewesen. Der Beleidigte hätte die Revozierung angenommen und man hätte
auf das Duell verzichtet. Die kam vor der Drohkulisse eines Duells häufig vor
und hat keinen in seiner Ehre verletzt.
In dem oben geschilderten
Beispiel wäre jedoch die Revozierung eine Beleidigung gewesen und hätte die
Situation nur verschärft. Das Duell unausweichlich gemacht.
Der Beleidigte bereitet
daraufhin den Beleidiger auf den Besuch seines oder seiner Kartellträger vor.
Männer seines Vertrauens und seines Standes, die falls es zum Duell kommt auch als
Sekundanten zur Verfügung stehen. Der Beleidiger bestimmte seinerseits seine
Kartellträger..
Zwischen der Beleidigung und
dem Zusammentreffen der Kartellträger sollten maximal 24 Stunden liegen.
Vorbereitung des Duells
Die Kartellträger hatten
zunächst die Aufgabe, eine gütliche Einigung zwischen den Streitenden
herbeizuführen, gegebenenfalls die Angelegenheit ohne Duell vor ein
Ehrengericht oder einen Ehrenrat zu bringen.
Kam es zu keiner gütlichen
Einigung, trafen sie in Abstimmung mit den jeweiligen, von ihnen vertretenden
Parteien die Verabredung über den Ort des Duells, die Art der Durchführung und
natürlich der verwendeten Waffen,
Es war dem Beleidigten
vorbehalten, Waffe und Duellbedingungen zu bestimmen.
Schlug dieser jedoch nicht „commentgemäße“,
das heißt unübliche Bedingungen oder Waffen vor, wie beispielsweise ein Duell
im Fesselballon mit Vorderladerwaffen, bis einer der Duellanten abstürzt, dann
bedurfte dies die Zustimmung des Duellgegners.
Zum ordnungsgemäßen Ablauf
eines Duells benötigte man neben den Sekundanten, auch einen Unparteiischen der
die Regeln überwachte und mindestens einen Arzt.
Aufgrund des gesetzlichen
Duellverbotes verabredete man gerne Zeiten kurz nach Sonnenaufgang und stille,
abgelegene Orte, die man dann mit der Kutsche erreichte. Es wurde erwartet,
dass beide Duellanten jeweils eine Art Abschiedsbrief ausfertigten und dem
Sekundanten übergaben. Darin wurde bestätigt, dass man freiwillig aus dem Leben
scheidet. Der anwesende Arzt hatte dann die Möglichkeit, bei einem tödlichen
Ausgang des Duells aufgrund des ihm dann vom Sekundanten des getöteten
überreichten Schreibens als Todesursache Selbstmord zu bestätigen.
Damit blieb das Duell für alle
Beteiligten ohne weitere Rechtsfolgen.
Bedingungen des Duells
Bei einem bürgerlichen Duell,
bei dem es lediglich um die Wiederherstellung der persönlichen Ehre ging,
vereinbarten die Sekundanten gerne einen einmaligen Schusswechsel bei einer
festgelegten Entfernung von 100 Schritten.
Geschossen wird gleichzeitig
auf das Kommando des Unparteiischen oder wenn beide Schützen, die zuvor Rücken
an Rücken standen, sich 50 Schritte voneinander wegbewegten und gleichzeitig
dem Gegner zudrehen.
Bei dieser Entfernung, also
etwa 75 Meter, mit von Schwarzpulver getriebenen Bleikugeln aus ungezogenen
Pistolenläufen, hatten die Duellanten sehr gute Chancen das Duell ebenso
ehrenvoll wie gesund zu überstehen.
Die Ehre des Beleidigten war
wieder hergestellt. Der Beleidiger hatte standesgemäß ordentliche Satisfaktion
geboten und die Angelegenheit war für alle aus der Welt geschafft.
Aber es konnte auch etwas Anderes
vereinbart werden:
Beispielsweise eine
Duellentfernung von 15 Schritten und fünfmaliger Schusswechsel aus der
Ordonanzwaffe. Bei solchen Bedingungen war von einem tödlichen Ausgang des
Duells auszugehen.
Wollte man bewusst einen
tödlichen Ausgang des Duells herbeiführen, dann vereinbarten die Sekundanten
ein Duell, dass als „über das Sacktuch schießen“ bezeichnet wurde. Die
Duellanten halten dabei ein Taschentuch in der Hand und feuern gleichzeitig,
wobei allerdings nur eine Pistole geladen ist.
Nervensache war eine
Duellvereinbarung bei der die Duellanten auf einer vorherbestimmten Strecke von
etwa 100 Schritt aufeinander zugehen, um sich in der Mitte der Distanz zu
treffen. Wer zu nervös war, schoss schon auf weite Distanz auf den Gegner, Wenn
er Glück hatte und ein guter Schütze war, konnte er so das Duell beenden.
Tödlich wurde es allerdings wenn er verfehlte und der Gegner ihm dann mit noch
geladener Pistole schließlich unmittelbar gegenüberstand.
Hatten die Kartellträger ein
Duell mit blanken Waffen vereinbart, gab es auch hier verschiedene
Gestaltungsmöglichkeiten:
Man konnte vereinbaren, dass
das Duell dann ehrenvoll zu Ende war, wenn auf einer Seite vom Duellarzt die
erste blutende Wunde festgestellt wurde.
Wenn aber schon der Säbel als
Waffe gewählt wurde, dann galt als Bedingung meistens „bis zur
Kampfunfähigkeit“, was in der Regel nicht den tödlichen Ausgang des Duells
bedeutete, aber in einer Zeit in der Blutgruppen unbekannt und
Bluttransfusionen unüblich waren, noch Tage nach dem eigentlichen Duell zum
Tode führen konnte.
Manchmal
war der Anlaß für einen Waffengang nichtig, wenn eine so umstrittene
Persönlichkeit wie Casanova ein hingezischeltes "venezianischer
Feigling" hörte. Franciszek Branicki, ein polnischer Graf, warb um die
alternde Ballerina Teresa Casacci, in deren Bett aber auch der reisende
Italiener sein Vergnügen gefunden hatte. Branicki, Söldneroffizier und
Meisterschütze, fühlte eifersüchtig seine Ehre verletzt und begehrte das Duell.
Dabei wäre Casanova, der als Graf Jacob Kasanow de Farussi durch Warschaus
Boudoirs und Betten tingelte, als nichtadeliger Nachfahre von Schauspielern
strenggenommen eines Zweikampfes nicht würdig gewesen
Dieses
mittlerweile fünfte Duell Casanovas ging in der Morgenkälte des 5. März 1766 in
einem Wäldchen bei Warschau noch halbwegs gut aus: Der Graf überlebte mit einem
Bauchschuß, Casanovas linke Hand blieb über Jahre unbeweglich. Casanova
verehrte auf dem Krankenbett seinem Widersacher die Kugel, die ihm die Finger
zerfetzt hatte, der lud ihn zu einer damals sehr teuren Tasse Chocolade ein.
Von der Ballerina sprach keiner mehr.
Eine besonders interessante
Duellmethode die hier nicht unerwähnt bleiben soll, stellte das sogenannte
„Duell im Dunkeln“ dar. In den Lebenserinnerungen des Chevalier de Saintgalt,
den wir auch als Giacomo Casanova kennen, finden wir eine sehr anschauliche
Schilderung eines solchen Duells.
Dabei werden die Duellanten
von unterschiedlichen Türen aus in einen völlig verdunkelten aber möblierten
Raum geführt. Hinter ihnen wird die Tür geschlossen. Die beiden stehen in
absoluter Dunkelheit, bist sich die Augen an die Finsternis gewöhnt haben.
Doppelpistolen als Duellwaffen
steigern dabei die Spannung.
Der leiseste Atemzug, ein
Schritt nach vorne oder zu Seite, kann die Position verraten. Wer an ein
Möbelstück anstößt oder vielleicht eine Vase vom Podest stößt, gibt seinen
Standort preis.
Wer schießt, weil er glaubt
erkannt zu haben, wo der Gegner steht, wird im Mündungsfeuer seiner Waffe für
Sekunden sichtbar und muss damit rechnen, dass der Schuss des Anderen
unmittelbar folgt, wenn er nicht richtig getroffen hat.
Meist belauern sich beide über
längere Zeit, wobei Sekunden zu Stunden zu werden scheinen, während draußen
angespannt gelauscht wird.
Ein Duellant ertastet im
Dunkeln eine Kaminuhr und wirft sie in das Eck des Zimmers. Sofort schießt der
Gegner in diese Richtung in der er den Rivalen vernutet. Der Kaminuhrwerfer
kennt nun dessen genauen Standort und schießt seinerseits.
So tötete Casanova einen
polnischen Adeligen und muss daraufhin zwar ehrenvoll aber unter polizeilicher
Begleitung das Land verlassen.
Historische Duelle
Welche Bedeutung, dass Duell
im 19. Jahrhundert hatte, kann daran ermessen werden, wie viele bekannte Persönlichkeiten in Duelle
verwickelt wurden.
Schätzungen zufolge kam es zu
dieser Zeit in jedem sechsten Duell zu ernsthaften Verletzungen, In jedem
vierzehnten Duell war der Tod mindestens eines der Kontrahenten zu beklagen.
Wie häufig Duelle ausgetragen
wurden können wir beispielsweise an den Berichten des Zweibrücker Wochenblattes
ersehen.
Allein in den Monaten Februar
und März 1833 wurde dreimal über spektakuläre Duelle berichtet.
Zweibrücker
Wochenblatt Nr.14 15.Februar 1833
Frankreich Paris 2. Februar
Diesen Abend hat zu St. Duen ein Duell zwischen Herrn
Armand Carell Oberredakteur des National und Herrn Rour Laborie Sohn, einem der
Redakteure des Revueant stattgefunden Herr Armand Carell ward von einem
Degenstich in den Unterleib getroffen. Die Wunde scheint bedenklich.
Zweibrücker
Wochenblatt Nr.15 19 .Februar 1833
Würzburg 14 Februar
Karl Dörr, Kandidat der Medizin aus Otterberg, verblutet
nach einer Verletzung an der Wange nach einem Duell weil „er unter die
sogenannten Bluter gerechnet werden muss“. Das Duell fand am 9. Des Monats
Vormittags statt,
Der Tod trat ein am 11. Früh gegen 7 Uhr.
Der Täter, Ferdinand Braun, Kandidat der Medizin aus
Speyer, stellte sich freiwillig dem Gericht. Mit den beiden Sekundanten Graf
Rechtern aus Würzburg Jacob Schauberg aus Anweiler (beides Kandidaten der
Rechte) verhaftet.
Zweibrücker
Wochenblatt Nr.21 12.März 1833
Preussen Berlin 3. März
Das größte Aussehen machte ein am 26. Februar
vorgefallenes Duell zwischen dem Kammergerichtsreferendar N…. und dem Baron von
K….welches dem ersteren das Leben kostete. Überhaupt ist leider in neuerer Zeit
das Duellunwesen trotz der strengen Strafen häufiger als je geworden und fast
zur gleichen Zeit sind in Stettin und Landsberg Zweikämpfe vorgefallen die
tödliche Verletzungen zu Folge hatten.
Das Bild eines solchen Duellopfers finden wir heute nach auf dem
US-amerikanischen 10 Dollar Schein: Alexander Hamilton (1755- 1804)
Er gilt als einer der
Verfassungsväter der Vereinigten Staaten, begründete mit der Bank of New York
die erste Bank in den USA und war unter George Washington Finanzminister. Er
starb nach einem Duell mit Aaron Burr, der Hamilton vorwarf durch eine
Rufmordkampagne seine Wahl zum Gouverneur von New York verhindert zu haben.
Die Duellpistolen können noch
heute in einer Vitrine im Eingangsbereich der Chase Manhattan Bank bewundert werden.
Das Duell konnte auch dazu
dienen, politische Streitigkeiten auszutragen.
So duellierten sich der
britische Außenminister und Premierminister George Canning mit dem britischen
Kriegsminister Lord Castlereagh. Die Auseinandersetzung entzündete sich über
die Entsendung von Landtruppen. Canning hatte zuvor noch nie eine Pistole in
der Hand gehabt, der Kriegsminister schoss ihm ins Bein. So war die politische
Debatte beendet.
Um eine schöne Frau ging es bei dem Duell zwischen Georges-Charles de
Haeckeren d´Anthés und dem russischen Schriftsteller Alexander
Puschkin.(1799-1837).
Dieser hatte Puschkins Ehefrau
Natalja in besonders aufreizender und aufdringlicher Weise den Hof gemacht.
Daher war Puschkin gezwungen den Nebenbuhler zum Duell zu fordern. Am 27.Januar
1837 traf man sich zum Pistolenduell. Puschkin traf den Gegner an Brust und
Arm, er selbst wurde durch einen Bauchschuss getroffen an dem er zwei Tage
später verstarb.
Dass russische Dichter nicht gerade bequeme Duellgegner waren, zeigt
das Beispiel von Graf Fjodor Tolstoi (1782-1846). Dieser ging keinem Duell aus
dem Wege. Bereits als junger Gardeoffizier duellierte er sich 17 jährig mit
einem vorgesetzten Offizier.
Duelle müssen für Graf Tolstoi
eine beliebte Freizeitbeschäftigung gewesen sein. Wenn man seinen diversen
Biographen glauben darf, so hat er nicht weniger als elf Personen im Duell
getötet. Die Zahl der von ihm ausgetragenen Duelle ist gleichwohl höher.
Es wird auch erzählt, dass
Tolstoi vor einem Duell an dem er eigentlich nur als Sekundant teilnehmen
sollte, erkannte dass sein Duellant dem Gegner hoffnungslos unterlegen war.
Also beleidigte er diesen kurz vor dem Duell und trat selbst in das Duell ein.
Fast wären sich sogar Puschkin
und Tolstoi im Duell begegnet. Wegen eines unwahren Gerüchtes, war Puschkin
entschlossen Tolstoi zum Duell zu fordern und übte sich davor sogar noch
intensiv im Schießen. Am 8. September 1826 ließ er .Tolstoi die schriftliche Duellforderung überbringen.
Glücklicherweise war Tolstoi
an diesem Tage abwesend, sonst hätten sich die beiden russischen
Nationaldichter noch gegenseitig im Duell umgebracht.
Zu den prominentesten Duellopfern in Deutschland zählt zweifellos
Ferdinand Lassalle (1825-1864), einer der Gründerväter der SPD.
Der hitzköpfige Lassalle
forderte bereits als 12 jähriger einen Mitschüler schriftlich zum Duell. Es
ging dabei um die Gunst eines 14 jährigen Mädchens.
Um eine schöne Frau ging es
auch bei dem Duell, die diesem verdienstvollen Politiker und Arbeiterführer
schließlich das Leben kostete..
Allerdings war der
Herausgeforderte nicht etwa ein Nebenbuhler, sondern der Vater der auserwählten
Braut, der seine Helene nicht einem Kommunisten wie Lassalle in die Ehe geben
wollte.
Lassalles, der ein
hervorragender Pistolenschütze war provozierte durch eine Beleidigung des alten
Dönniges ein Duell.
Der bayrische Adelige Wilhelm
von Dönniges musste die Forderung Lassalles zum Duell annehmen, den Lassalle
war in einer Breslauer Burschenschaft korporiert und damit für Dönniges
satisfaktionsfähig, denn Dönniges selbst war Mitglied des Hochadels- Corps
Rhenania Bonn.
Für den 50 jährigen von Dönniges
übernahm der rumänische Graf Janko von Racowitzka, Corps Neoborussia-Berlin,
das Duell. Er war der frühere Verlobte und einer der späteren Ehemänner von
Helene. Er war ein völlig ungeübter Pistolenschütze, der nur einen Tag vor dem
Duell zum Schiesstraining hatte.
Als Duell-Ort vereinbarte man
die Genfer Vorstadt Carouge, Zeitpunkt 28.August 1864, um 7 Uhr 30. Das Duell
sollte als Pistolenduell ausgetragen werden.
Lassalle wurde von dem
Offizier Wilhelm Rüstow sekundiert, der als Kämpfer für die Demokratie und
wegen seiner Beteiligung an der Märzrevolution in die Schweiz fliehen musste.
Graf Janko schoss schneller
als Lassalle, denn er schoss regelwidrig vor dem vereinbarten Signal und
verwundete ihn so schwer im Unterleib, dass Lassalle drei Tage nach dem Duell
starb.
Die von der Gräfin Sophie von
Hatzfeld herbeigerufenen Ärzte, die ihn im Hotelzimmer behandelten konnten nur
noch seine Schmerzen lindern, aber nicht mehr sein Leben retten
Das ist besonders tragisch,
denn im März 1858 schrieb Lassalle noch: „Das Duell ist ein unsinniges
Pertrefakt einer überwundenen Kulturstufe.“
.
Aber auch andere prominente deutsche Politiker waren In Duelle
verwickelt. Zum Beispiel der Reichsgründer und „eiserne Kanzler“ Otto von
Bismarck.
Wegen der historischen Bedeutung
der handelnden Personen liegen sehr detaillierte Schilderungen über den Anlass
und den Verlauf vor. Ein durchaus anschauliches Beispiel wie ein solches Duell
in besseren Kreisen in der Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurde.
Alles begann offenbar bei
einer Sitzung eines Ausschusses des Deutschen Bundestages. (Dieser „Bundestag“
hat natürlich mit dem Parlament der Bundesrepublik Deutschland nur den Namen
gemeinsam. Er war Organ des „Deutschen Bundes“, der auf dem Wiener Kongress
gegründet wurde und als „Fürstenbund“ ein Ersatz für das 1806 aufgelöste
Kaiserreich bilden sollte. Tagungsort war Frankfurt. Den Vorsitz führte der
Vertreter Österreichs. Bismarck vertrat die Interessen Preußens.)
Da der Vorsitzende des
Ausschusses als Einziger bei den Sitzungen rauchte, glaubte Bismarck dass man
dieses Privileg Österreichs nicht so einfach hinnehmen könnte und zündete sich
bei einer Ausschuss-Sitzung ebenfalls ostentativ eine Zigarre an. Der Vertreter
Bayerns verstand sofort die Symbolkraft dieser Handlung und entzündete
ebenfalls eine Zigarre. Schließlich rauchten alle Ausschussmitglieder, auch die
Nichtraucher, um auf diese Weise Österreich zu signalisieren, dass es keine
Vorrangstellung im Deutschen Bund habe.
Auf diesen Vorfall kam im
Jahre 1852 im Preußischen Landtag der politische Gegenspieler Bismarcks, Georg
von Vincke zu sprechen.
Georg von Vincke entstammte
wie Bismarck einem preußischen Adelsgeschlecht, war Korpstudent und Jurist. Er
vertrat aber eher die liberalen Ideen der Revolution von 1848 und kämpfte für
eine institutionelle Monarchie auf demokratischer Basis. Bismarck wünschte sich
ein starkes preußisches Königtum an der Spitze eines geeinten Deutschlands.
Beide verband im Parlament
eine Art Hassliebe, wobei Vincke der brillantere Redner war und Bismarck meist
rhetorisch in den Schafften stellte.
So wandte sich Vincke am 23.
März 1853 von der Rednertribüne des Parlamentes aus an den Abgeordneten
Bismarck mit den Worten:
„Ich kann nur annehmen, dass
der persönliche gereizte Ton, wozu der Herr Abgeordnete keine Veranlassung
hatte, da ich seine Leistungen dankbar anerkannt habe, nur aus verletzter
Bescheidenheit herrühre, weil ich ihn einen namhaften Diplomaten genannt habe.
Ich will daher, um ihn zu befriedigen, diese Äußerung hiermit förmlich
zurücknehmen, da allerdings alles, was ich von seinen diplomatischen Leistungen
weiß, sich nur auf die bekannte brennende Zigarre beschränkt.“
Obwohl der Sitzungspräsident
den Abgeordneten Vincke sofort wegen dieser Aussage rügt, ergreift Bismarck vom
Platz aus das Wort und bellt beleidigend zurück.
Der Parlamentspräsident bricht
daraufhin die Sitzung ab und die Presse hat für den nächsten Tag ihre
Schlagzeilen.
Heute würden solche
Beleidigungen im Bundestag nur noch die Parlamentsstenographen interessieren,
damals war sich die Presse darüber einig, dass die beiden Redner ihre Ehre auf
dem außerparlamentarischen Weg wieder herstellen sollten.
Schon am darauffolgenden Tag
überbringt der Kartell-Träger (Sekundant) Vinckes, Herr von Saucken-Julienfelde
die Duell-Forderung.
Bismarck hatte als Göttinger
Korpstudent während seines Studiums 25 Mensuren geschlagen und galt als
versierter Fechter. Sein Sekundant Oskar von Arnim-Kröchlendorff schlug daher
ein Säbel-Duell vor.
Auch Vinckes war als
Korpstudent ein sehr guter Fechter, der vor keinem Zweikampf zurückschreckte.
Bereits 1833 war er wegen eines Duell-Deliktes zu Festungshaft verurteilt
worden.
Offenbar hatte Vinckes von dem
reaktionären Bismarck im Parlament genug und lehnte ein Säbelduell ab. Als
Beleidigter hatte er ja die Waffenwahl.
Die Kartellträger einigen sich
auf ein Pistolenduell mit vierfachem Schusswechsel auf 15 Schritte Entfernung.
Das bedeutet ein Duell auf
Leben und Tod.
Bismarck sucht in der Nacht
vor dem Zweikampf geistlichen Beistand bei dem protestantischen
Superintendenten Carl Büchsel. Der lehnt jedoch das Duell entscheiden ab und
verweigert Bismarck das Abendmahl.
Vincke seinerseits schreibt
seiner Frau einen bewegenden Abschiedsbrief. Er legt fest, wo er beigesetzt
sein möchte und bittet einen Freund, seine Frau schonend von seinem Ableben zu
informieren und ihr die genau bezeichneten Papiere in seinem Schreibtisch
auszuhändigen.
Als Duell-Ort war ein Ort am
Tegeler Seeufer festgelegt worden, das Duell auf 8 Uhr am 25.März 1852
terminiert. Als Unparteiischer fungierte Ludwig von Bodelschwingh.
Sekundant auf Bismarcks Seite
war sein Schwager von Arnim-Kröchlendoff, dem er auch die Fürsorge für sein
ungeborenes Kind ans Herz legte.
Bismarcks Frau war nämlich schwanger
und aus verständlichen Gründen nicht in die Duellpläne ihres Mannes eingeweiht.
Vinckes Sekundant war
Oberstleutnant Karl von Vincke-Olbendorf, sein Kartelträger von
Saucken-Julienfeld sogenannter parteilicher Zeuge.
Parteilicher Zeuge auf
Bismarcks Seite waren sein Bruder und der Gardeoberst Graf Eberhard zu Stollberg-Werningerode, der nach anderen Quellen auch als Sekundant
Bismarcks im Duell genannt ist.
Als die Sonne aufging
herrschte klares sonniges Wetter. Das Seeufer war dchneebedeckt und die
Anwesenden waren sich sicher, dass sich dieser frische Schnee bald mit dem Blut
der Duellanten röten würde.
Vor dem Beginn des Duells
versuchten der Unparteiische und die Kartellträger pflichtgemäß eine gütliche
Einigung zwischen Bismarck und Vincke herbeizuführen. Diese lehnten ab.
Daraufhin änderte der
Unparteiische die Duellbedingungen von einem vierfachen auf einen einfachen
Schusswechsel. Da ihm dies angesichts der Art der Beleidigung als ausreichend
erschien.
Dem wurde zugestimmt.
Bevor nun die Kiste mit den
Duellpistolen gezückt wurde, ließ der Kartelträger Vinckes Herr von
Saucken-Julienfeld beim Kartellträger Bismarcks vortragen, dass Vincke auf das
Duell verzichtet, falls sich Bismarck förmlich entschuldigt.
Bismarck lehnte ab, zu
revozieren. Ein Verzicht hätte den erzkonservativen Bismarck bei seinen
Standesgenossen der Lächerlichkeit preisgegeben.
Dann luden die Sekundanten die
Duellpistolen. Es waren Pistolen mit gezogenen Läufen für einen präzisen
Schuss. Dabei wurde allerdings eine der Pistolen mit Pulver überladen und für
das Duell unbrauchbar. Dementsprechend konnte auch die zweite der vorgesehenen
Zwillingspistolen nicht eingesetzt werden.
Da noch ein Zwillingspaar
sogenannter Sekundatenpistolen mit ungezogenen Läufen zur Verfügung stand,
griff man auf diese als Notlösung zurück.
Sie hatten aber ein anderes
Kaliber als die Kugeln im Duellkoffer. Beim Versuch trotzdem zu laden, brach
ein Ladestock ab und blieb bei einer der Pistolen im Lauf stecken.
Von irgendwoher tauchten dann
auf einmal zwei gleichartige kurzläufige Pistolen auf, eher Salonpistolen wie
sie die Damen der Halbwelt bisweilen in ihrem Strumpfband tragen.
Der Unparteiische lud nun
diese beiden Pistolen.
Die Duellanten wurden auf 15
Schritt mit geladener Waffe gegenüber gestellt.
Der Unparteiische gab seine
Kommandos vor dem Schusswechsel bekannt:
Bei „eins“ werden die Pistolen
gehoben. Bei „zwei“ ist zu zielen und zu schießen, ehe das Kommando „drei“
gegeben wird. Zwischen „zwei“ und „drei“ wird der Unparteiische ausreichend
Zeit lassen-
Die Schüsse fielen fast
gleichzeitig unmittelbar nach dem Kommando „zwei“.
Bismarck stand noch.
Durch den sich verziehenden
Pulverdampf hindurch fiel sein Blick auf Vincke.
Der stand auch noch und war unverletzt.
Bismarck schritt auf Vincke
zu. Die Ehre der Duellanten war wieder hergestellt. Noch am Duellort kam es zur
Aussöhnung wie der Unparteiische Bodelschwingh später niederschrieb.
Die Zeitungen berichteten lapidar
am kommenden Tag vom Gerücht eines Duells zweier hoher Standespersonen. Mehr
nicht.
Analysiert man nun dieses
Duell genauer, so wird man den Verdacht nicht los, dass hier ohne das Wissen
der Duellanten hinter den Kulissen ein wenig geschoben wurde.
Warum funktionierten beide
Pistolenpaare nicht? Wo kamen auf einmal die beiden Salonpistölchen her und
warum wurden sie schließlich vom Unparteiischen und nicht von den Sekundanten
geladen?
Und schließlich: Alle am Duell
direkt und indirekt Beteiligten sind akribisch in mehreren Berichten und Aufzeichnungen
der Teilnehmer namentlich mit ihrer Funktion genannt. Niemand erwähnt freilich
den bei solchen Duellen unverzichtbaren Arzt. Rechnete der Unparteiische
vielleicht schon im Vorfeld mit einem unblutigen Ausgang?
Betrachten wir uns seine
Herkunft näher, stellt man fest, dass Bodelschwingh ein Cousin Vinckes war.
So hat dieser vorausschauende
Unparteiische möglicherweise zwei wichtige Politiker der Deutschen Geschichte
gerettet.
Wie wir am Beispiel des
Bismarck-Duells sehen hatte der protestantische Superintendent Büchsel aufgrund
seines Glaubens erhebliche Vorbehalte gegen Duelle.
Gleichwohl war das Duell in
den sogenannten höheren Kreisen des 19. Jahrhunderts ein so fester Bestandteil
des persönlichen Ehrbegriffes, dass selbst spätere hohe Würdenträger der
katholischen Kirche einem Duell nicht aus dem Wege gehen konnten.
Als Beispiel kann hier Wilhelm
Emanuel von Ketteler genannt werden, der während seines Studiums in Göttingen
Mitglied im Studentischen Corps Guestphalia war. Ketteler forderte nach einer
Beleidigung den Mit-Studenten Lohmann, Mitglied der Korporation Bremensia zu
Göttingen zum Zweikampf.
Dieses studentische Duell
wurde im Jahre 1830 in 12 scharfen Gängen auf „Korbschläger“ also mit
Rapierklinge ausgetragen.
Kettelers Sekundant war der
Graf von Korff, Unparteiischer war Felix Graf von Platen, Als Duellarzt
fungierte der Prorektor der Universität Prof. Dr. med. Josef Pauli.
Im vierten scharfen Gang
erhielt von Ketteler durch Lohmann einen Hieb über die Nase, die daraufhin in
Fetzen herabhing und so das Duell beendete.
Obwohl sogar der Prorektor in
dem Duell beteiligt war, sah sich die Universität gezwungen Maßnahmen zu
ergreifen.
Lohmann, der bereits wegen
anderer Duelle aktenkundig geworden war, durfte ein Semester lang nicht mehr an
die Universität. Wir finden ihn später als erfolgreichen Rechtsanwalt in Stade.
Der bislang unauffällige von
Ketteler musste 14 Tage im Karzer der Universität absitzen was ihn nicht daran
hinderte später ein wichtiger Bischof und Politiker zu werden. Trotz mehrerer
plastischer Operationen blieb ihm jedoch die lädierte Nase bis an sein Lebensende eine Erinnerung
an dieses Duell.
Nach dem ersten Weltkrieg und
in den Jahren zwischen den Weltkriegen war die alte Gesellschaftsordnung
weggeschwemmt worden und das Duell hatte kultur- und sozialpolitisch seine
Bedeutung verloren.
In der Nazizeit gab es unter
dem Aspekt eines neu entstanden Ehrbegriffes vereinzelt Ansätze den Zweikampf
wieder zu beleben.
Bereits 1933 lockerten die
Nazis das Duellverbot der Weimarer Republik und Heinrich Himmler erlies1935 ein
Regelwerk für den Zweikampf bei der SS.
Nach diesem Regelwerk gab es am
17. Oktober 1937 ein Pistolenduell zwischen dem Journalisten Robert Strunk (Völkischer
Beobachter) und dem Geliebten seiner Ehefrau, dem HJ Gebietsführer Horst
Krutschinna, bei dem Strunk so schwer verletzt wurde dass er trotz Notoperation
eine Woche später in der Klink, in dessen Park das Duell stattgefunden hatte
starb.
Danach wurden Duelle durch
Führerbefehl verboten.
Dennoch wäre es noch 1943
mitten im Krieg noch zu einem Duell gekommen, nachdem sich Generalfeldmarschall
Günther von Kluge durch den Panzergeneral Heinz Guderian beleidigt fühlte und
diesen zu einem Pistolenduell forderte. Hitler verhinderte dieses Duell höchst persönlich..
Duelle sind heute eher
seltener geworden und in Deutschland lebt nur noch die studentische Mensur als
ein wohl gepflegtes Relikt der Duell-Tradition weiter.
Aber noch immer regen Duelle
unsere Phantasie an und sind sogar Bestandteil epischer Zyklen bekannter
Kinofilme beispielsweise aus der Star Wars Reihe.
Dort liefert sich das Gute in
Person des Jedi Ritters Obi Wan ein klassisches Duell gegen das Böse von Gestalt Darth Vader.
Allerdings nicht mit Degen
oder Pistolen, sondern mit Laserschwertern.