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Duell

Prof. Dr. Helmut Reichling  zu Themen von gestern, heute und morgen
aktualisiert am: 24.02.2016

 

 

 

DAS DUELL

Die Entstehung des Begriffes „Duell“

Das Duell oder zumindest der Begriff „Duell“ übt auf die Menschen unserer Zeit noch immer eine gewisse Faszination aus.

Im Kopf läuft ein Film ab, voll Dramatik, von wechselhaftem Kampfglück, überraschenden Finten und letztendlich vom Sieg des Guten.

Auch in unserer Umgangssprache haben „Duelle“ ihren festen Platz. Wir kennen die „Rededuelle“ in öffentlichen Diskussionen, die „Fernsehduelle“ der Spitzenpolitiker vor Wahlen und mancher Sportreporter beschert uns auch das „Duell“ zweier Bundesligavereine beim Fußball, obwohl die Verwendung des Wortes „Duell“ im Mannschaftsport sprachlich nicht ganz angemessen ist.

Im „Duell“ glauben wir, das lateinische „Duo“ also die Zahl Zwei erkennen zu können und sind sogleich an das musische „Duett“ erinnert, in dem zwei Sänger ihre Stimmen in meist wohltönenden Gleichklang bringen.

 

 

 

 

rIm „Duell“ glauben wir, das lateinische „Duo“ also die Zahl Zwei erkennen zu können und sind sogleich an das musische „Duett“ erinnert, in dem zwei Sänger ihre Stimmen in meist wohltönenden Gleichklang bringen.

Der Wortursprung liegt im lateinischen Duellum, der bilateralen Entsprechung des lateinischen Wortes „Bellum“ das „Krieg“ bedeutet.

„Bellum“, im Lateinischen ist aus  dem griechischen „Ptolemos“ abgeleitet. In Homers Ilias ist der Ptolemos der Kampf, der Krieg vor Troja, das „Getümmel“ der bewaffneten Scharen, die mit ihren bronzezeitlichen Waffen, - Stahl war zur Zeit des trojanischen Krieges noch nicht verbreitet – auf einander einschlugen. 

Doch schon die Ilias unterscheidet sehr genau, zwischen diesem Massenmassakrieren und dem Kampf der herausgehobenen aristokratischen Krieger. Deren Begegnung auf dem Schlachtfeld hatte mit dem „Ptolemos“, dem „Bellum“ nichts zu tun. Die Edlen waren Einzelkämpfer, nur von Ihren Wagenlenkern begleitet, die sich Mann gegen Mann einen „heroischen“  also heldenhaften Zweikampf lieferten. Niemand aus dem einfachen Kriegsvolk auf beiden Seiten der wäre es eingefallen, sich in irgendeiner Weise in diesen Zweikampf einzumischen.

Diese Art des Krieges war kein „Bellum“, sondern ein „Duellum“, wie es die römischen Schriftsteller bezeichneten.

 

Die heroischen Zweikämpfe

Das Bekannteste Duell aus dem Trojanischen Krieg ist der Zweikampf zwischen dem fast unverwundbaren Halbgott Achill auf der griechischen und dem Helden Hektor auf der trojanischen Seite. Aber auch sonst kann in der abendländischen Tradition die Geschichte des Trojanischen Krieges als die Urerzählung der in den nachfolgenden Jahrtausenden stattfindenden Duellen gelten:

So erfahren wir unter anderen Zweikämpfen auch vom Duell der schönen Amazonen-Königin Pentesilea, die mit ihren Mädchen auf trojanischer Seite in den Krieg eingreift und sich fatalerweise unsterblich in den blauäugigen, blonden Achill verliebt, der sie allerdings aufgrund seiner sexuellen Orientierung, wie man heute sagen würde, zurückweist. 

Pentesilea sucht aus Verzweiflung das Duell mit Achill, obwohl sie weiß, dass sie es nicht überleben wird. Erst als der Halbgott sie durchbohrt, findet sie die ersehnte Vereinigung mit ihm.

Schon in dieser sehr frühen Überlieferung finden wir etwas von der besonderen Verbindung der Duellgegner vor, während und nach der Begegnung.

Die Historiker datieren die Basisgeschichte des Trojanischen Krieges ins 12. oder 13. vorchristliche Jahrhundert. Gleichwohl sind die Duelle vor Troja nicht die ersten literarischen Zeugnisse von hervorgehobenen Zweikämpfen.

Das mir bekannte älteste Dokument ist die Geschichte von Sinuhe, dem ägyptischen adeligen Krieger. Sinuhe liefert sich ein Duell mit dem sogenannten „Starken von Retjenu“. Dieses Epos stammt aus der 12. Dynastie des mittleren Reiches, ist also etwa 1900 Jahre vor Christus entstanden, 600 Jahre vor Troja.

Mit Retjenu wurde in Altägypten die Gegend des heutigen Palästina bezeichnet und möglicherweise begegnet uns ein Nachkomme des Starken von Retjenu in einem anderen bekannten Duell. Dem sicher bekanntesten Duell der Welt, das auch heute noch sprichwörtlich ist:

Goliath, der Vorkämpfer des Philister- Heeres, ein der Überlieferung nach drei Meter hoher Riese mit sechs Fingern an jeder Hand und zehn Zehen an jedem Fuß, dessen Lanzenspitze bereits aus Eisen bestand –für die damalige Zeit eine ebenso moderne wie absolut tödliche Waffe- traf auf den Hirtenjungen David, der sich als Einziger aus dem Heer des jüdischen Königs Saul diesem furchterregenden Krieger zum Zweikampf stellte.

Der Ausgang des Duells ist ebenso sympathisch wie bekannt.  David erledigt Goliath mit einem Wurf seiner Steinschleuder auf Distanz, bevor das Ungetüm ihn angreifen kann. David der später König, Frauenliebhaber und Psalmist wurde, regierte etwa 1000 vor Christus.

Verweilen wir noch einen Moment bei Goliath, dem Vorkämpfer des Philister Heeres: Der Begriff Vorkämpfer begegnet uns heute noch in unterschiedlichstem, meinst weniger kriegerischem Zusammenhang. Da gibt es eine Vorkämpferin für die Frauenrechte, Vorkämpfer für Nachtflugverbote, Kinderschutz, Umweltsauberkeit, veganes Leben und noch viel mehr für das Betroffene ihre Stimme erheben können.

 

Der Zweikampf zur Entscheidung von Streitigkeiten

Im kriegerischen Sinne fiel dem Vorkämpfer eine besondere Funktion zu. Wir kennen zahlreiche Geschichten in der ein Zweikampf eine Massenschlacht ersetzen sollte. Protagonisten auf beiden Seiten waren entweder sorgfältig ausgewählte Zweikämpfer, die sich in Stärke und Tapferkeit vor allen anderen auszeichneten oder die jeweiligen Anführer der Kriegsheere.

Der Ausgang des Duells sollte über den Ausgang des Feldzuges entscheiden.

So einigten sich beispielsweise Karl I. von Anjou und Peter III. von Aragon den Krieg um Sizilien durch einen Zweikampf zu entscheiden. Dieses Duell sollte am 1. Juni 1283 in Bordeaux stattfinden. König Edward I. von England konnte als unparteiischer Schiedsrichter gewonnen werden. Peter von Aragon kam in der Nacht nach Bordeaux, musste feststellen, dass sein Gegner nicht angereist war und verließ die Stadt wieder, da er befürchtete, Karl von Anjou könne doch noch auftauchen.

Am Ostersonntag des Jahres 1536 bot Kaiser Karl V. in Gegenwart des Papstes dem französischen König Franz I. ein Duell um die Herrschaft über Mailand und Burgund an. Der Roi-Chevalier, wie sich Franz I. gerne nennen lies nahm die Herausforderung nicht an, sondern führte lieber mehrere verlustreiche und teure Kriege gegen das Haus Habsburg.

Die Zeit des Fürsten als dem vornehmsten Ritter seines Reiches, wie sich Kaiser Maximilian, den man ja gerne den letzten Ritter nennt, gerne sah, war wohl endgültig vorbei.

Maximilian war der Großvater Karl V.

Dabei hätten die beiden Herrscher ihr Duell durchaus noch nach den Regeln des traditionellen mittelalterlichen Turniers ausrichten können.

In allen traditionellen Helden-Epen unseres Kulturkreises, im  Nibelungen-Lied, der Arthus-Sage und vielen anderen Erzählungen  ritterlicher Aventüren nehmen Schilderungen des Zweikampfes einen breiten Raum ein.

 

Die ersten Regeln für Zweikämpfe und die Gerichtskämpfe

Diese ritterliche Begegnung Mann gegen Mann begründete die Regeln des Duells im 18. und 19. Jahrhunderts.

Festgelegte und niedergeschriebene Regeln eines solches Kampfes wurden als Cartell bezeichnet. Ein Begriff der uns heute in anderem, wirtschaftlich juristischen Zusammenhang durchaus geläufig ist.

Zweikämpfe bei Turnieren dienten der Kampferprobung und Repräsentation der Ritterschaft und waren eher ein sportliches Ereignis als ein Kampf auf Leben und Tod.

Kam ein Ritter zu Tode, war es in der Regel ein Turnierunfall, der ihm das Leben kostete.

Anders sah es freilich bei dem sogenannten Gerichtskampf aus:

Bei Streitigkeiten unter Adeligen, die durch keinen Lehensherrn als Gerichtsherren zu lösen waren wurden durch Zweikämpfe entschieden.

Im Ausgang dieser Duelle sahen die Zeitgenossen auch den Ausdruck des göttlichen Willens und damit ein Gottesurteil. Der Zweikampf diente prozessual zur Erklärung des Sachverhaltes, wenn sich das „Vorbringen“ der beiden Prozessparteien widersprach und kein anders Mittel zur Wahrheitsfindung zur Verfügung stand.

Oft war es sogar der Lehensherr, der im geregelten gerichtlichen Verfahren die Kläger einen Gerichtskampf austragen ließ.

Sehr bekannt ist die nicht historische aber anschauliche Geschichte der Elsa von Brabant. Der Ritter Telramund bezichtigt Elsa von Brabant ihren Bruder ermordet zu haben, um die Herrschaft in Brabant antreten zu können. Elsa bestreitet diesen Vorwurf entschieden. Sie gibt vor, ihr Bruder Gottfried sei bei einem gemeinsamen Spaziergang im Wald verschwunden. Die Suche blieb erfolglos. Da so Aussage gegen Aussage steht und die Indizien gegen Elsa sprechen, ordnet König Heinrich I. einen Gerichtskampf nach den Regeln an. Auf der einen Seite Telramund auf der anderen ein Ritter, der die Sache Elsas vertritt, die als Frau nicht selbst das Duell bestreiten muss.

Natürlich ist Elsa im Recht und auf ihrer Seite überwindet der Gralsritter Lohengrin den Ankläger. Der Rest der Geschichte ist in einer mehrstündigen Oper von Richard Wagner nachzuhören.

Diese Gerichtskämpfe haben eine sehr lange Tradition. Bereits 816 erließ der Kaiser Ludwig der Fromme in einem sogenannten Kapitular eine Regelung des gerichtlichen Zweikampfes.

Da Frauen und alte Menschen das Recht hatten sich im Gerichtskampf vertreten zu lassen, entstand schon zur damaligen Zeit der Berufsstand der Champion - auch ein Wort das wir heute noch kennen – Berufskämpfer denen eine Prozesspartei ihren Rechtsstreit übertragen konnte.

Die Tradition unserer heutigen gerichtlichen prozessbevollmächtigen Anwälte wird nicht zuletzt bei diesen Champion zu suchen sein.

Einer der bekanntesten dieser Champion war Hans Talhoffer (1420 bis 1490), der vor Allem als Verfasser von Lehrbüchern über die Fechtkunst bekannt wurde.

Die Hiebe und Finten der Duelle mit kalten Waffen, im 18., 19. und 20. Jahrhundert wurde von Talhoffer wesentlich beeinflusst.

Die Standesfrage war allerdings im gerichtlichen Zweikampf ein wesentliches Element. In der ersten umfänglichen deutschen Gesetzeskodifikation des Eike von Repgow (1230) wird dies in den Passagen über den Gerichtskampf ausführlich erörtert. Wörtlich: „Jeder Mann kann Zweikampf weigern dem, der niedriger geboren ist als er; wer aber besser geboren ist, den kann der niedriger Geborene nicht wegen seiner niedrigeren Geburt zurückweisen, wenn jener ihn herausfordert.“

So hat Eike von Repgow einen Begriff vordefiniert, der später in den Duellen, die keine Gerichtskämpfe mehr waren, eine wichtige Rolle spielen wird, den Begriff der „Satisfaktionsfähikeit“.

Ein Edelmann brauchte sich nicht mit einem Bauern zu schlagen, weil er als Edler ja höher geboren war. Beim klassischen Duell forderte der Edle – obwohl er es gemäß den Regeln des Sachsenspiegels gekonnt hätte- den Bauern nicht heraus, weil der eben aufgrund seines niedrigeren Standes nicht „satisfaktionsfähig“ war.  Der Bauern konnte dem Edlen durch einen Zweikampf keine Genugtuung geben.

Im Sachsenspielgel sind die Regeln des Zweikampfes genau festgelegt:

Die Waffen für die Duellanten sind gleich: Schwert und Schild. Sie werden vom Gericht zur Verfügung gestellt. Es sind zwei Schwerter zulässig, eines in der Hand und eines am Gürtel oder zwei in den Händen. Der Schild ist rund und aus Holz und Leder. Der Schildbuckel kann eisern sein. Die Kleidung besteht aus Leinenstoff. Lederteile dürfen nach Belieben getragen werden. Gepanzerte Handschuhe sind unzulässig, nur dünne Handschuhe sind erlaubt.

Die Streitenden treten ohne Einmischung von außen gegeneinander ein. Vom Richter als Unparteiischem, wird jedem der beiden Duellanten noch ein Mann zur Seite gestellt, (wir kennen diesen Mann heute als „Sekundanten“.) der mit einer Eisenstange ausgerüstet ist, die er zwischen die Kämpfer steckt, wenn einer stürzt, verwundet wird oder diese Stange erbittet. 

Die Funktion der „erbetenen Eisenstange“ ist auch heute noch im Boxsport bekannt, wenn der Betreuer eines Boxers „das Handtuch wirft“ und damit den Kampf beendet.

Bereits im 13.-Jahrhundert wurde der gerichtliche Zweikampf, der ja auf der Vorstellung des Gottesurteils beruhte, ausgerechnet von der Kirche immer mehr kritisiert. Man suchte nach moderneren effektiveren Formen der Wahrheitsfindung und kam so zur Folter als einem Instrument der Gerichtsbarkeit, das schnelle, eindeutige und vor allem erwünschte Ergebnisse in der Prozessführung brachte.

Der Zweikampf verschwand aus dem juristischen Bereich und das Duell entwickelte sich zu einer Institution, die in der Standesgesellschaft der Verteidigung der persönlichen Ehre außerhalb der Gerichte dienen sollte.

 

Der „Ehrenhändel“ und das Duell

Das Strafrecht der Bunderepublik Deutschland kennt in § 185 den Straftatbestand der „Beleidigung“, dem ein Strafantrag durch den Beleidigten vorausgehen muss als Privatklagedelikt nach § 374 StPO. Die Beleidigung kann dabei durch beleidigende Äußerungen oder durch beleidigendes Handeln erfolgen. Für den Juristen ist die Beleidigung ein sogenanntes Ehrdelikt. Der Psychologe definiert Beleidigung als eine Aussage oder Handlung eines Senders, der das Ego bzw. den Stolz eines Empfängers mit negativen Emotionen assoziiert,

In Zeiten in denen die persönliche Ehre in Ermangelung anderer Maßstäbe für die Rangordnung einer Person in der Gesellschaft oder der jeweiligen sozialen Bezugsgruppe eine besondere Rolle spielt, ist der Empfänger der Beleidigung im psychologischen Sinne sehr schnell bereit sich gegen eine Beleidigung zu wehren. Ja die Gesellschaft oder eben diese soziale Bezugsgruppe in die der Beleidigte eingebunden ist, erwartet unbedingt, dass auf die Beleidigung in angemessener Weise reagiert wird.

Bleibt diese Reaktion, aus welchen Gründen auch immer aus, gilt der Beleidigte in seinem jeweiligen gesellschaftlichen Umfeld als „ehrlos“.

Schon der mittelalterliche Ritterschlag war eine symbolische Aufforderung für den jungen Adeligen, diesen Schlag als letzten unerwiderten Hieb hinzunehmen und seine ritterlichen Pflichten uns somit seine Ehre künftig mit dem Schwert zu verteidigen.

Aus dieser Einstellung folgt die Notwendigkeit und die Bereitschaft des Adeligen bei Beleidigungen nicht etwa die Gerichte anzurufen, sondern die Verteidigung seiner Ehre selbst in die Hand zu nehmen.

Dabei ist davon auszugehen, dass der Adelige nur von einem Mann gleichen Standes beleidigt werden konnte, der ihm Genugtuung, also „Satisfaktion“ mit der Waffe bieten konnte.

Meinte ein Bauer einen Edlen beleidigen zu müssen, so schickte der seinen Diener mit der Peitsche, die Peitsche wurde danach verbrannt.

Bei der Beleidigung durch einen  Standesgenossen sahen die Dinge anders aus. Es kam zum Duell mit der Waffe.

 

Der gesellschaftliche Zwang

Zunächst waren es insbesondere französische Adelige, die sich dem gesellschaftlichen Zwang zum Duell ausgesetzt sahen.

Zwischen 1594 und 1610 sollen allein in Frankreich 8.000 Adelige und Offiziere in Duellen ihr Leben verloren haben. Der französische Adelige Francois de Montmorency (1600-1627), soll in einem einzigen Jahr 40 Kontrahenten im Duell getötet haben.

Nachdem sogar der Bruder des ersten Ministers des Königs, des mächtigen Kardinal Richelieu im Duell den Tod gefunden hatte, wurde in Frankreich das Duell bei Todesstrafe 1626 verboten.

Es ist die Zeit in der Dumas seine Geschichte von den Musketieren angesiedelt hat, jener dem König, Ludwig XIII. treu ergebenen adeligen Offiziere, deren Lieblingsbeschäftigung offensichtlich das Duell war und die sich darüber hinaus noch mit den Männern des Kardinals herumschlagen mussten.

Dumas hat mit seinen Musketieren unsere Vorstellung des Duells der damaligen Zeit nachhaltig geprägt.

Der Kardinal nahm aber das Duell-Verbot sehr ernst. Nachdem der oben erwähnte Francois de Montmorency nacheinander den Marquis de Portes und den Comte de Thorigny getötet sowie den Baron de la Frette schwer verwundet hatte, musste er sich nach Brüssel absetzen.

Dort verwendeten sich zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten für seine Begnadigung und der König wollte durchaus beide Augen zudrücken. Aber Francois de Montmorency kündigte öffentlich an, dass er sein nächstes Duell, trotz des Verbotes des Kardinals bei helllichtem Tag mitten in  Paris ausfechten werde.

Es dauerte auch nicht lang, dann fühlte sich Montmorency vom Marquis Bussi d´Amboise beleidigt und das Duell wurde tatsächlich auf dem Place Royale in Paris ausgetragen. Der Marquis starb durch die Klinge Montmorencys. Das Ereignis muss so spektakulär gewesen sein, dass sich im Anschluss daran auch noch die beiden Sekundanten, der Comte de Chappelles und der Marquis de Beuvron duellierten.

Da war für den Kardinal das Maß voll. Montmorency wurde noch am Duellplatz verhaftet und fünf Wochen später, auf der Place de Gréve in Paris enthauptet.

Dies geschah wiederum gegen den heftigen Widerstand maßgeblicher Adelsfamilien, die im Duell die einzige Möglichkeit sahen ihre Ehre zu verteidigen. Für Richelieu war die Enthauptung des Duell-Königs ein weiterer Schritt zur Entmachtung des Adels.

Auch in den Gegenden des heutigen Deutschland spielte das Duell eine wichtige Rolle.

Doch während und nach dem dreißigjährigen Krieg hatte der Adel andere Sorgen, zumal die protestantische Glaubensgemeinschaft seit jeher im Duell ein Verstoß gegen das göttliche Gebot „Du sollst nicht töten“ sah.

Vor allem in den Hansestädten in denen der Wert eines Mannes eher mit seinem wirtschaftlichen Erfolg als an einem abstrakten Ehrbegriff verknüpft war, stand man dem Duell eher kritisch gegenüber.

So veröffentlichte der protestantische Pastor Michael Sircks, der sich Siricius nannte im Jahre 1645 eine Predigt mit dem Titel: „Warnungs Predigt darinnen wie durch eine göttliche Kette und Donnerstrael alle Todtschläger Duellanten und Balger von ihren unmenschlichen Mordthaten abgezogen und abgeschrecket werden.“

Anlass zu dieser Predigt war ein Duell mit tödlichem Ausgang in der Hansestadt Lübeck. Der wackere Geistliche merkt dazu an: „..wie kurz zuvor den 2. Juni zween Adeliche Personen uneins wurden in ein Duellum gerathen und beyde auf der Wahlstatt blieben.“

 

 

Das Duell als Privileg der höheren Schichten

Trotz der kritischen Sicht von Kirche und Obrigkeit blieb freilich das Duell ein fester Bestandteil der schichtspezifischen Verhaltensweisen bis in 20. Jahrhundert hinein.

Der Adel konnte gerade in Zeiten in denen die Bedeutung der Aristokratie durch das erstarkende Bürgertum immer mehr zurückgedrängt wurde, auf das Instrument des Duells zur Verteidigung seiner Ehre nicht verzichten.

Ganz im Gegenteil, das Bürgertum imitierte den Ehrenkodex des Adels und nahm insbesondere nach der französischen Revolution in Frankreich und nochmals verstärkt durch die Befreiungskriege gegen Napoleon und die bürgerliche Revolution in Deutschland das Duell auch in seinen Ehrenkodex auf.

Der Begriff der „Satisfaktionsfähigkeit“ wurde neu definiert und dadurch genau festgelegt, wer sich mit wem duellieren durfte, um die Ehre wieder herzustellen.

Zunächst einmal war selbstverständlich der Adel untereinander immer satisfaktionsfähig,

Der Adel trug auch bei gesellschaftlichen Ereignissen einen Degen, desgleichen gehörte auch der Degen zur Ausstattung des Offiziers, was in deutschen Landen bis zur Reichgründung 1871 gleichbedeutend war, denn erst danach wurde das Offizierskorps für Nichtadelige geöffnet und es entstand zudem die Funktion und der Rang des Reserveoffiziers bürgerlicher Herkunft. Ebenso wollten die Studenten, die in studentischen Freikorps gegen Napoleon gekämpft hatten, nicht auf das Recht des Waffentragens verzichten. Dieses Privileg übertrug sich, nicht zuletzt angeheizt durch die bürgerliche Revolution von 1848 auf die Burschenschaften, studentischen Turnerschaften und Landsmannschaften.

So galt im 19. Und 20. Jahrhundert, der Adelige, der aktive Offizier, der Waffenstudent und der Akademiker der gehobenen bürgerlichen Schicht als unbedingt satisfaktionsfähig. Das bedeutete, der Beleidiger musste jederzeit damit rechnen, sich aufgrund einer Verbalinjurie oder einer tätlichen Beleidigung einem Duell stellen zu müssen.

Auch zu dieser Zeit galt noch der Grundsatz, dass derjenige der sich einem Duell nicht stellte bei seinen Standesgenossen als unehrenhaft galt.

Nur war jetzt nicht nur der Adel betroffen, sondern auch die nichtadeligen Offiziere, Studenten, Akademiker und Großbürger.

Wer als Offizier im Deutschen Kaiserreich oder als Offizier der k.u.k. Armee in Österrreich ein Duell verweigerte musste sogar mit seiner Entlassung aus dem Dienst rechnen. Begründung: „Er hat nicht das richtige Ehrgefühl und darum seine Pflicht als Offizier verletzt.“

Nach diesem vernichtenden Urteil blieb dem Offizier in der Regel nur der Freitod, um zumindest seine Familie vor der Schande zu bewahren. Also wurde das Duell angenommen auch wenn man mit einem tödlichen Ausgang rechnen musste.

Dieser überaus strenge Ehrbegriff führte freilich auch dazu, dass in Offizierskreisen Bürger, wenn sie nicht Reserveoffiziere waren, nicht als satisfaktionsfähig angesehen wurden.

Auf die Beleidigung durch einen nichtgedienten Oberstudienrat musste der Offizier also nicht mit einem Duell reagieren.

Bei einem Appellationsgericht-Präsidenten, der dem studentischen Korps Rhenania zu Bonn angehöhrte und den Rang eines Hauptmanns der Reserve erworben hatte, konnte eine Genugtuung mit der Waffe eingefordert werden. („Der Mensch beginnt erst ab Oberleutnant“)

Ebenso konnte ein renommierter Dirigent einen kritischen Zeitungsredakteur zum Duell fordern, wenn er sich von Berichterstattung über eines seiner Konzerte beleidigt fühlte.

 

Die blanken Duellwaffen

Der Ausgang eines Duells hing einerseits von der Geschicklichkeit der Duellanten andererseits von der Wahl der Waffen ab.

Während beim mittelalterlichen Gerichtskampf noch das Schwert als Waffe des Zweikampfes vorgeschrieben war, wurden die Duellwaffen im Laufe der Zeit verfeinert.

Vor der Entwicklung kurzläufiger Feuerwaffen stritten die Kämpfer mit sogenannten blanken Waffen. Dazu gehörten in den romanischen Ländern das Rapier, später in Frankreich und Deutschland der Degen. Von Offizieren wurde auch der leichte Säbel gern als Duellwaffe gewählt.

Der Degen als Waffe und Accessoire des höfischen Kavaliers im 18. Jahrhundert zeichnete sich durch eine lange gerade Klinge von etwa 110 bis 120 cm aus. .Sie wog weniger als 700 Gramm, war also leichter als eine heutige Offizierspistole und konnte so gut auch bei offiziellen Veranstaltungen getragen werden, ohne zu sehr zu belasten.

Die Waffe musste elastisch sein und war in der Regel zweischneidig mit Spitze. So konnte der Degen überwiegend  als Stichwaffe verwendet werden.

Die meisten Todesfälle oder schweren Verletzungen entstanden durch Stichwunden.

Die Hand des Fechters war entweder durch einen sogenannten Korb aus Stahlgeflecht über dem Degengriff geschützt, oder durch eine runde Metallhalbkugel mit Parier- Stange, die man Glocke nannte. Korb oder Glocke bedurften unterschiedlicher Handhabung.

Die Rapierklinge ist eigentlich die französische Schwester dieses Degens, denn der Höfling von Versailles  trug natürlich keinen „Degen“ sondern ein „raipiere“, der Spanier ein „espada ropera“, wörtlich übersetzt ein Schwert das zur Garderobe getragen wird. Das Rapier als Duellwaffe war schwerer als der Degen und besaß eine deutlich längere Klinge, die im Gegensatz zum Degen nicht elastisch sondern starr war. Die Klinge wurde zweischneidig geschliffen und besaß keine Spitze.

Damit entsprach das Rapier in etwa dem deutschen „Haudegen“, der als Synonym für den Waffenträger noch heute in unserem Wortschatz ist.

Die Duelle in Frankreich wurden mit einem „Rapiere“ ausgetragen, das dem beschriebenen Stichdegen entsprach. Das Rapier als Hiebwaffe ohne Spitze ist noch heute die Waffe der studentischen Duelle, der sogenannten Mensur.

Der Säbel als blanke Duellwaffe unterscheidet sich deutlich vom Degen: Die Säbelklinge ist leicht gekrümmt. Nicht selten beidseitig geschliffen, um dem Kämpfer auch den effektiven Rückhandschlag zu ermöglichen. Als universelle Stoß- und Hiebwaffe kam der Säbel über den Orient nach Europa und etablierte sich rasch als Kavalleriewaffe. Der Kampf mit dem Säbel ist bei Weitem nicht so elegant und präzise wie ein Degenkampf. Es sind jedoch wesentliche blutigere und tiefere Wunden zu erwarten.

Bei Duellen italienischer Edelleute soll auch bisweilen das Stilett zum Einsatz gekommen sein. Ursprünglich als „Parierstangendolch“, den ein rechtshändiger Kämpfer und der linken Hand führte, um damit Hiebe abzufangen, während die rechte Hand mit dem Degen die Deckung des Gegners zu überwinden suchte. Kamen sich die Gegner im Duell sehr nahe, so konnte mit der schmalen, starren Klinge auch der Gegner lebensgefährlich verletzt werden, während der Fechtarm die Degenklinge des Kontrahenten fixierte. Diese sehr welsche Art des Zweikampfes wurde allerdings von Norditalienischen und Venezianischen Edlen entschieden abgelehnt und man benutzte lieber den Mantel über dem linken Arm um die gegnerischen Hiebe aufzufangen.

Mit dem Aufkommen kurzläufiger Handfeuerwaffen fand neben den blanken Waffen die aus der Reiterpistole entwickelte Duell-Pistole zunehmende Bedeutung.

 

Die Duellpistolen

Viele klassische Duellpistole aus dem 19.Jahrhunderts sind und bis heute erhalten. Auch Offiziere duellierten sich zumeist nicht mit den Ordonanzwaffen, Man bediente sich besonderer Duellpistolen. Das waren absolut baugleiche Pistolen, die vom Büchsenmacher als „Zwillingspistolen“ in einem edlen Holzetui ausgeliefert wurden. Gebräuchlich waren einläufige Pistolen mit brüniertem Lauf und Edelholzschaft.  Traditionelle Duellpistolen verfügten über ein Steinschloss und wurden mit Blei und Schwarzpulver geladen Im Etui befand sich daher auch eine Metallflasche mit Schwarzpulver und die Gerätschäften zum Gießen der Kugeln von 12 oder 14 mm Durchmesser..

Da schätzungsweise jeder Vierte Adelige im 19.Jahrhundert mindestens einmal im Leben in ein Duell verwickelt wurde, war die Anschaffung eines solchen Duellkastens durchaus eine sinnvolle Anschaffung, die man mit ein bisschen Glück auch mehrmals verwenden konnte.

Der Pistolenlauf war üblicherweise nicht gezogen. (Daher kommt unser umgangssprachlicher Ausdruck „ungezogen“) Damit wollte man gerade in späteren, meist bürgerlichen Duellen gewährleisten, dass es zum Schusswechsel ohne größere Schäden kam. Dabei war die Gefahr wegen der Unberechenbarkeit des Geschosses für die Sekundanten höher als für die Schützen. 

Es gab aber auch Duellpistolen mit gezogenen Läufen. Wurden solche Pistolen verwendet, musste bei geringer Distanz mit mindestens einem Toten gerechnet werden.

Vor dem Pistolenduell wurden die Pistolen von den Sekundanten geladen und  die Kiste mit den geladenen Waffen den Kontrahenten dargereicht, die sich dann jeweils eine dieser Zwillingswaffen auswählten. Der Sekundant wusste also nicht für wen er die Waffe lädt.

 

Die Regeln des Duells

Bei einem Duell, unbeschadet ob es mit blanken Waffen oder mit Pistolen ausgetragen wurde, waren strenge  fest vorgegebene Regeln zu beachten.

Obwohl diese Duellregeln schriftlich fixiert waren, gehörte es zur Allgemeinbildung jedes Adeligen oder Offiziers diese Regeln zu kennen. Ebenso wurden korporierte Studenten mit diesen Regeln vertraut gemacht.

Eine der ersten schriftlichen Fixierungen der Duellregeln finden wir im „Code Duello“ von 1777, später im „Essai sur le duel“ des Comte de Chateauvillard von 1836. Im deutschsprachigen Raum erschien 1880 das Buch „Die Regeln des Duells“ das noch 1903 in Wien sein 7. Auflage erlebte oder der 1891 herausgegebene „Duell-Codex“ des österreichischen Offiziers Gustav Hergsell, der bis ins Jahr 1912 wegen der großen Nachfrage immer wieder neu aufgelegt werden musste.

Wir verstehen heute diese Duell-Regeln als Relikte einer untergegangenen Epoche, die freilich noch gar nicht so lange hinter uns liegt.

Als Waffenstudent musste ich selbst die Duellregeln aus dem sogenannten Schimmerbuch für junge Korpsstudenten lernen, das damals (1972) gerade erst neu aufgelegt worden war und in der Tradition des Buches „Ritterlicher Ehrenschutz“ aus dem Jahre 1907 stand und von dem Grazer Waffenstudenten Felix Busson verfasst worden war.

Natürlich interessieren in diesem Zusammenhang nicht nur die inneren Regeln nach denen das Duell abzulaufen hat, sondern vielmehr auch wie die staatliche Gerichtsbarkeit zum Duell steht.

Direkt nach der Reichsgründung von 1871 war im Reichsstrafgesetzbuch der Straftatbestand des „Zweikampf mit tödlicher Waffe“ in den §§ 201-210 definiert. Da die Juristen die dieses Gesetz formulierten und die Richter die darüber zu urteilen hatten, Mitglieder der satisfaktionsfähigen Schichten waren, schufen sie einen „Sondertatbestand“ mit geringerer Strafandrohung, nämlich zwischen drei Monaten und fünf Jahren Festungshaft. Dabei galt die damals noch gebräuchliche Festungshaft im Gegensatz zu Zuchthaus oder Gefängnis als nicht ehrenrührig. Wenn das Delikt überhaupt verfolgt wurde. fielen die Urteile äußerst milde aus und nach kurzem Strafvollzug erfolgte eine Begnadigung.

Für Offiziere, von denen man ja die unbedingte Satisfaktion erwartete, war ohnehin die Militärgerichtsbarkeit zuständig, die keinen Offizier für eine Handlung bestrafte, die man von ihm erwartete.

Zu Beginn des ersten Weltkrieges wurden im deutschen Kaiserreich die Duelle unter Offizieren bis zum Ende des Krieges aufgeschoben und in Österreich am 4.November 1917 endgültig verboten.

Mein erstes Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland, das ich mir zu Beginn meines Studiums von einem älteren Semester gekauft hatte, stammte aus der Zeit vor der Strafrechtsreform von 1969. Dort waren in der Tat noch die Sondertatbestände für den Zweikampf aufgeführt, die ich mit Erstaunen gelesen habe, obwohl ich dieses Wissen natürlich für mein eigenes Studium nicht mehr brauchte. Mir ist bis heute der Satz in Erinnerung geblieben, dass Sekundanten, Wundärzte und andere indirekt am Zweikampf beteiligte Personen grundsätzlich straffrei bleiben, wenn sie bis zuletzt versucht haben, die Duellanten von ihrem Vorhaben abzubringen.

Nach unserem heutigen Strafrecht ist ein Duell eine gefährliche oder schwere Körperverletzung oder ein „Totschlag“.

Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Beim studentischen Zweikampf mit der blanken Waffe, der Mensur handelt es sich nach dem Grundsatzurteil des 5. Strafsenats des BGH zwar im eine gefährliche Körperverletzung im Sinne des StGB, dies sei jedoch keine Straftat da sie mit Einwilligung des Verletzten zustande käme.(Göttinger Mensurenprozess 1951-1953). Voraussetzung für die Straffreiheit ist nach Meinung des BGH freilich auch, dass der Zweikampf nicht aus einem Ehrenhändel entstanden ist und die erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, z.B. Anwesenheit von zwei Ärzten.

 

 

 

 

 

Der Ablauf des Duells

Beleidigung und Forderung

 

Damit ist heute das Duell kein Instrument mehr die persönliche Mannesehre zu verteidigen und in Zeiten der Gleichstellung von Mann und Frau wäre wohl die Jahrhunderte alte Tradition des Duellablaufes in ihrer überlieferten Form keinesfalls nicht mehr durchführbar.

Gleichwohl umweht das Duell immer noch wage geheimnisvolle manchmal sogar geheimnisvolle Aura.

Denken wir an die beiden jungen Männer, in ein und dieselbe Frau in verzehrender Liebe entbrannt, die sich allerdings für keinen von beiden Entscheiden will oder kann und die sich dann im Morgennebel auf einer Wiese zum Duell einfinden.  Noch als Großmutter wird das Mädchen noch davon erzählen können, dass sich die Männer einst wegen ihr duelliert haben.

Oder denken Sie an die wunderschöne Gattin eines renommierten Bürgers, die von den Männern der Gesellschaft wegen ihres Geistes und ihrer Anmut umschwärmt wird, bis der Ehemann zur Verteidigung der Ehre seiner Frau, oder besser gesagt seiner eigenen Ehre, die Notbremse zieht und einen der Buhler zum Duell fordert.

Im 19. Jahrhunderts hätte der Ehemann dem Herrn der in seinen Augen der Ehefrau zu nahe trat, das Duell angetragen und ihn zunächst zur Stellungnahme aufgefordert.

Man nannte dies Revozieren oder Präzisieren.

Der so zu Rede gestellte hätte Revozieren können. „Ich wollte doch gar nichts von Ihrer Frau, denn sie gefällt mir ja gar nicht.“ Oder er hätte präzisiert: „Ich bin in unendlicher Liebe ihrer Frau zugetan und bereit für Sie zu sterben.“

Bei einer einfachen Beleidigung wäre das Revozieren eine Rücknahme der beleidigenden Äußerung mit einer Entschuldigung für die ungeschickte oder törichte Formulierung des Gesagten gewesen. Der Beleidigte hätte die Revozierung angenommen und man hätte auf das Duell verzichtet. Die kam vor der Drohkulisse eines Duells häufig vor und hat keinen in seiner Ehre verletzt.

In dem oben geschilderten Beispiel wäre jedoch die Revozierung eine Beleidigung gewesen und hätte die Situation nur verschärft. Das Duell unausweichlich gemacht.

Der Beleidigte bereitet daraufhin den Beleidiger auf den Besuch seines oder seiner Kartellträger vor. Männer seines Vertrauens und seines Standes, die falls es zum Duell kommt auch als Sekundanten zur Verfügung stehen. Der Beleidiger bestimmte seinerseits seine Kartellträger..

Zwischen der Beleidigung und dem Zusammentreffen der Kartellträger sollten maximal 24 Stunden liegen.

 

Vorbereitung des Duells

Die Kartellträger hatten zunächst die Aufgabe, eine gütliche Einigung zwischen den Streitenden herbeizuführen, gegebenenfalls die Angelegenheit ohne Duell vor ein Ehrengericht oder einen Ehrenrat zu bringen.

Kam es zu keiner gütlichen Einigung, trafen sie in Abstimmung mit den jeweiligen, von ihnen vertretenden Parteien die Verabredung über den Ort des Duells, die Art der Durchführung und natürlich der verwendeten Waffen,

Es war dem Beleidigten vorbehalten, Waffe und Duellbedingungen zu bestimmen.

Schlug dieser jedoch nicht „commentgemäße“, das heißt unübliche Bedingungen oder Waffen vor, wie beispielsweise ein Duell im Fesselballon mit Vorderladerwaffen, bis einer der Duellanten abstürzt, dann bedurfte dies die Zustimmung des Duellgegners.

Zum ordnungsgemäßen Ablauf eines Duells benötigte man neben den Sekundanten, auch einen Unparteiischen der die Regeln überwachte und mindestens einen Arzt.

Aufgrund des gesetzlichen Duellverbotes verabredete man gerne Zeiten kurz nach Sonnenaufgang und stille, abgelegene Orte, die man dann mit der Kutsche erreichte. Es wurde erwartet, dass beide Duellanten jeweils eine Art Abschiedsbrief ausfertigten und dem Sekundanten übergaben. Darin wurde bestätigt, dass man freiwillig aus dem Leben scheidet. Der anwesende Arzt hatte dann die Möglichkeit, bei einem tödlichen Ausgang des Duells aufgrund des ihm dann vom Sekundanten des getöteten überreichten Schreibens als Todesursache Selbstmord zu bestätigen.

Damit blieb das Duell für alle Beteiligten ohne weitere Rechtsfolgen.

 

Bedingungen des Duells

Bei einem bürgerlichen Duell, bei dem es lediglich um die Wiederherstellung der persönlichen Ehre ging, vereinbarten die Sekundanten gerne einen einmaligen Schusswechsel bei einer festgelegten Entfernung von 100 Schritten.

Geschossen wird gleichzeitig auf das Kommando des Unparteiischen oder wenn beide Schützen, die zuvor Rücken an Rücken standen, sich 50 Schritte voneinander wegbewegten und gleichzeitig dem Gegner zudrehen.

Bei dieser Entfernung, also etwa 75 Meter, mit von Schwarzpulver getriebenen Bleikugeln aus ungezogenen Pistolenläufen, hatten die Duellanten sehr gute Chancen das Duell ebenso ehrenvoll wie gesund zu überstehen.

Die Ehre des Beleidigten war wieder hergestellt. Der Beleidiger hatte standesgemäß ordentliche Satisfaktion geboten und die Angelegenheit war für alle aus der Welt geschafft.

Aber es konnte auch etwas Anderes vereinbart werden:

Beispielsweise eine Duellentfernung von 15 Schritten und fünfmaliger Schusswechsel aus der Ordonanzwaffe. Bei solchen Bedingungen war von einem tödlichen Ausgang des Duells auszugehen.

Wollte man bewusst einen tödlichen Ausgang des Duells herbeiführen, dann vereinbarten die Sekundanten ein Duell, dass als „über das Sacktuch schießen“ bezeichnet wurde. Die Duellanten halten dabei ein Taschentuch in der Hand und feuern gleichzeitig, wobei allerdings nur eine Pistole geladen ist.

Nervensache war eine Duellvereinbarung bei der die Duellanten auf einer vorherbestimmten Strecke von etwa 100 Schritt aufeinander zugehen, um sich in der Mitte der Distanz zu treffen. Wer zu nervös war, schoss schon auf weite Distanz auf den Gegner, Wenn er Glück hatte und ein guter Schütze war, konnte er so das Duell beenden. Tödlich wurde es allerdings wenn er verfehlte und der Gegner ihm dann mit noch geladener Pistole schließlich unmittelbar gegenüberstand.

Hatten die Kartellträger ein Duell mit blanken Waffen vereinbart, gab es auch hier verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten:

Man konnte vereinbaren, dass das Duell dann ehrenvoll zu Ende war, wenn auf einer Seite vom Duellarzt die erste blutende Wunde festgestellt wurde.

Wenn aber schon der Säbel als Waffe gewählt wurde, dann galt als Bedingung meistens „bis zur Kampfunfähigkeit“, was in der Regel nicht den tödlichen Ausgang des Duells bedeutete, aber in einer Zeit in der Blutgruppen unbekannt und Bluttransfusionen unüblich waren, noch Tage nach dem eigentlichen Duell zum Tode führen konnte.

Manchmal war der Anlaß für einen Waffengang nichtig, wenn eine so umstrittene Persönlichkeit wie Casanova ein hingezischeltes "venezianischer Feigling" hörte. Franciszek Branicki, ein polnischer Graf, warb um die alternde Ballerina Teresa Casacci, in deren Bett aber auch der reisende Italiener sein Vergnügen gefunden hatte. Branicki, Söldneroffizier und Meisterschütze, fühlte eifersüchtig seine Ehre verletzt und begehrte das Duell. Dabei wäre Casanova, der als Graf Jacob Kasanow de Farussi durch Warschaus Boudoirs und Betten tingelte, als nichtadeliger Nachfahre von Schauspielern strenggenommen eines Zweikampfes nicht würdig gewesen

Dieses mittlerweile fünfte Duell Casanovas ging in der Morgenkälte des 5. März 1766 in einem Wäldchen bei Warschau noch halbwegs gut aus: Der Graf überlebte mit einem Bauchschuß, Casanovas linke Hand blieb über Jahre unbeweglich. Casanova verehrte auf dem Krankenbett seinem Widersacher die Kugel, die ihm die Finger zerfetzt hatte, der lud ihn zu einer damals sehr teuren Tasse Chocolade ein. Von der Ballerina sprach keiner mehr.

Eine besonders interessante Duellmethode die hier nicht unerwähnt bleiben soll, stellte das sogenannte „Duell im Dunkeln“ dar. In den Lebenserinnerungen des Chevalier de Saintgalt, den wir auch als Giacomo Casanova kennen, finden wir eine sehr anschauliche Schilderung eines solchen Duells.

Dabei werden die Duellanten von unterschiedlichen Türen aus in einen völlig verdunkelten aber möblierten Raum geführt. Hinter ihnen wird die Tür geschlossen. Die beiden stehen in absoluter Dunkelheit, bist sich die Augen an die Finsternis gewöhnt haben.

Doppelpistolen als Duellwaffen steigern dabei die Spannung.

Der leiseste Atemzug, ein Schritt nach vorne oder zu Seite, kann die Position verraten. Wer an ein Möbelstück anstößt oder vielleicht eine Vase vom Podest stößt, gibt seinen Standort preis.

Wer schießt, weil er glaubt erkannt zu haben, wo der Gegner steht, wird im Mündungsfeuer seiner Waffe für Sekunden sichtbar und muss damit rechnen, dass der Schuss des Anderen unmittelbar folgt, wenn er nicht richtig getroffen hat.

Meist belauern sich beide über längere Zeit, wobei Sekunden zu Stunden zu werden scheinen, während draußen angespannt gelauscht wird.

Ein Duellant ertastet im Dunkeln eine Kaminuhr und wirft sie in das Eck des Zimmers. Sofort schießt der Gegner in diese Richtung in der er den Rivalen vernutet. Der Kaminuhrwerfer kennt nun dessen genauen Standort und schießt seinerseits.

So tötete Casanova einen polnischen Adeligen und muss daraufhin zwar ehrenvoll aber unter polizeilicher Begleitung das Land verlassen.

 

Historische Duelle

Welche Bedeutung, dass Duell im 19. Jahrhundert hatte, kann daran ermessen werden, wie viele  bekannte Persönlichkeiten in Duelle verwickelt wurden.

Schätzungen zufolge kam es zu dieser Zeit in jedem sechsten Duell zu ernsthaften Verletzungen, In jedem vierzehnten Duell war der Tod mindestens eines der Kontrahenten zu beklagen.

Wie häufig Duelle ausgetragen wurden können wir beispielsweise an den Berichten des Zweibrücker Wochenblattes ersehen.

Allein in den Monaten Februar und März 1833 wurde dreimal über spektakuläre Duelle berichtet.

Zweibrücker Wochenblatt Nr.14 15.Februar 1833

Frankreich Paris 2. Februar

Diesen Abend hat zu St. Duen ein Duell zwischen Herrn Armand Carell Oberredakteur des National und Herrn Rour Laborie Sohn, einem der Redakteure des Revueant stattgefunden Herr Armand Carell ward von einem Degenstich in den Unterleib getroffen. Die Wunde scheint bedenklich.

 

Zweibrücker Wochenblatt Nr.15 19 .Februar 1833

Würzburg 14 Februar

Karl Dörr, Kandidat der Medizin aus Otterberg, verblutet nach einer Verletzung an der Wange nach einem Duell weil „er unter die sogenannten Bluter gerechnet werden muss“. Das Duell fand am 9. Des Monats Vormittags statt,

Der Tod trat ein am 11. Früh gegen 7 Uhr.

Der Täter, Ferdinand Braun, Kandidat der Medizin aus Speyer, stellte sich freiwillig dem Gericht. Mit den beiden Sekundanten Graf Rechtern aus Würzburg Jacob Schauberg aus Anweiler (beides Kandidaten der Rechte) verhaftet.

 

Zweibrücker Wochenblatt Nr.21 12.März 1833

Preussen Berlin 3. März

Das größte Aussehen machte ein am 26. Februar vorgefallenes Duell zwischen dem Kammergerichtsreferendar N…. und dem Baron von K….welches dem ersteren das Leben kostete. Überhaupt ist leider in neuerer Zeit das Duellunwesen trotz der strengen Strafen häufiger als je geworden und fast zur gleichen Zeit sind in Stettin und Landsberg Zweikämpfe vorgefallen die tödliche Verletzungen zu Folge hatten.

 

Das Bild eines solchen Duellopfers finden wir heute nach auf dem US-amerikanischen 10 Dollar Schein: Alexander Hamilton (1755- 1804)

Er gilt als einer der Verfassungsväter der Vereinigten Staaten, begründete mit der Bank of New York die erste Bank in den USA und war unter George Washington Finanzminister. Er starb nach einem Duell mit Aaron Burr, der Hamilton vorwarf durch eine Rufmordkampagne seine Wahl zum Gouverneur von New York verhindert zu haben.

Die Duellpistolen können noch heute in einer Vitrine im Eingangsbereich der Chase Manhattan Bank bewundert werden.

Das Duell konnte auch dazu dienen, politische Streitigkeiten auszutragen.

So duellierten sich der britische Außenminister und Premierminister George Canning mit dem britischen Kriegsminister Lord Castlereagh. Die Auseinandersetzung entzündete sich über die Entsendung von Landtruppen. Canning hatte zuvor noch nie eine Pistole in der Hand gehabt, der Kriegsminister schoss ihm ins Bein. So war die politische Debatte beendet.

 

Um eine schöne Frau ging es bei dem Duell zwischen Georges-Charles de Haeckeren d´Anthés und dem russischen Schriftsteller Alexander Puschkin.(1799-1837).

Dieser hatte Puschkins Ehefrau Natalja in besonders aufreizender und aufdringlicher Weise den Hof gemacht. Daher war Puschkin gezwungen den Nebenbuhler zum Duell zu fordern. Am 27.Januar 1837 traf man sich zum Pistolenduell. Puschkin traf den Gegner an Brust und Arm, er selbst wurde durch einen Bauchschuss getroffen an dem er zwei Tage später verstarb.

Dass russische Dichter nicht gerade bequeme Duellgegner waren, zeigt das Beispiel von Graf Fjodor Tolstoi (1782-1846). Dieser ging keinem Duell aus dem Wege. Bereits als junger Gardeoffizier duellierte er sich 17 jährig mit einem vorgesetzten Offizier.

Duelle müssen für Graf Tolstoi eine beliebte Freizeitbeschäftigung gewesen sein. Wenn man seinen diversen Biographen glauben darf, so hat er nicht weniger als elf Personen im Duell getötet. Die Zahl der von ihm ausgetragenen Duelle ist gleichwohl höher.

Es wird auch erzählt, dass Tolstoi vor einem Duell an dem er eigentlich nur als Sekundant teilnehmen sollte, erkannte dass sein Duellant dem Gegner hoffnungslos unterlegen war. Also beleidigte er diesen kurz vor dem Duell und trat selbst in das Duell ein.

Fast wären sich sogar Puschkin und Tolstoi im Duell begegnet. Wegen eines unwahren Gerüchtes, war Puschkin entschlossen Tolstoi zum Duell zu fordern und übte sich davor sogar noch intensiv im Schießen. Am 8. September 1826 ließ er .Tolstoi  die schriftliche Duellforderung überbringen.

Glücklicherweise war Tolstoi an diesem Tage abwesend, sonst hätten sich die beiden russischen Nationaldichter noch gegenseitig im Duell umgebracht.

Zu den prominentesten Duellopfern in Deutschland zählt zweifellos Ferdinand Lassalle (1825-1864), einer der Gründerväter der SPD.

Der hitzköpfige Lassalle forderte bereits als 12 jähriger einen Mitschüler schriftlich zum Duell. Es ging dabei um die Gunst eines 14 jährigen Mädchens.

Um eine schöne Frau ging es auch bei dem Duell, die diesem verdienstvollen Politiker und Arbeiterführer schließlich das Leben kostete..

Allerdings war der Herausgeforderte nicht etwa ein Nebenbuhler, sondern der Vater der auserwählten Braut, der seine Helene nicht einem Kommunisten wie Lassalle in die Ehe geben wollte.

Lassalles, der ein hervorragender Pistolenschütze war provozierte durch eine Beleidigung des alten Dönniges ein Duell.

Der bayrische Adelige Wilhelm von Dönniges musste die Forderung Lassalles zum Duell annehmen, den Lassalle war in einer Breslauer Burschenschaft korporiert und damit für Dönniges satisfaktionsfähig, denn Dönniges selbst war Mitglied des Hochadels- Corps Rhenania Bonn.

Für den 50 jährigen von Dönniges übernahm der rumänische Graf Janko von Racowitzka, Corps Neoborussia-Berlin, das Duell. Er war der frühere Verlobte und einer der späteren Ehemänner von Helene. Er war ein völlig ungeübter Pistolenschütze, der nur einen Tag vor dem Duell zum Schiesstraining hatte.

Als Duell-Ort vereinbarte man die Genfer Vorstadt Carouge, Zeitpunkt 28.August 1864, um 7 Uhr 30. Das Duell sollte als Pistolenduell ausgetragen werden.

Lassalle wurde von dem Offizier Wilhelm Rüstow sekundiert, der als Kämpfer für die Demokratie und wegen seiner Beteiligung an der Märzrevolution in die Schweiz fliehen musste.

Graf Janko schoss schneller als Lassalle, denn er schoss regelwidrig vor dem vereinbarten Signal und verwundete ihn so schwer im Unterleib, dass Lassalle drei Tage nach dem Duell starb.

Die von der Gräfin Sophie von Hatzfeld herbeigerufenen Ärzte, die ihn im Hotelzimmer behandelten konnten nur noch seine Schmerzen lindern, aber nicht mehr sein Leben retten

Das ist besonders tragisch, denn im März 1858 schrieb Lassalle noch: „Das Duell ist ein unsinniges Pertrefakt einer überwundenen Kulturstufe.“

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Aber auch andere prominente deutsche Politiker waren In Duelle verwickelt. Zum Beispiel der Reichsgründer und „eiserne Kanzler“ Otto von Bismarck.

Wegen der historischen Bedeutung der handelnden Personen liegen sehr detaillierte Schilderungen über den Anlass und den Verlauf vor. Ein durchaus anschauliches Beispiel wie ein solches Duell in besseren Kreisen in der Mitte des 19. Jahrhunderts durchgeführt wurde.

Alles begann offenbar bei einer Sitzung eines Ausschusses des Deutschen Bundestages. (Dieser „Bundestag“ hat natürlich mit dem Parlament der Bundesrepublik Deutschland nur den Namen gemeinsam. Er war Organ des „Deutschen Bundes“, der auf dem Wiener Kongress gegründet wurde und als „Fürstenbund“ ein Ersatz für das 1806 aufgelöste Kaiserreich bilden sollte. Tagungsort war Frankfurt. Den Vorsitz führte der Vertreter Österreichs. Bismarck vertrat die Interessen Preußens.)

Da der Vorsitzende des Ausschusses als Einziger bei den Sitzungen rauchte, glaubte Bismarck dass man dieses Privileg Österreichs nicht so einfach hinnehmen könnte und zündete sich bei einer Ausschuss-Sitzung ebenfalls ostentativ eine Zigarre an. Der Vertreter Bayerns verstand sofort die Symbolkraft dieser Handlung und entzündete ebenfalls eine Zigarre. Schließlich rauchten alle Ausschussmitglieder, auch die Nichtraucher, um auf diese Weise Österreich zu signalisieren, dass es keine Vorrangstellung im Deutschen Bund habe.

Auf diesen Vorfall kam im Jahre 1852 im Preußischen Landtag der politische Gegenspieler Bismarcks, Georg von Vincke zu sprechen.

Georg von Vincke entstammte wie Bismarck einem preußischen Adelsgeschlecht, war Korpstudent und Jurist. Er vertrat aber eher die liberalen Ideen der Revolution von 1848 und kämpfte für eine institutionelle Monarchie auf demokratischer Basis. Bismarck wünschte sich ein starkes preußisches Königtum an der Spitze eines geeinten Deutschlands.

Beide verband im Parlament eine Art Hassliebe, wobei Vincke der brillantere Redner war und Bismarck meist rhetorisch in den Schafften stellte.

So wandte sich Vincke am 23. März 1853 von der Rednertribüne des Parlamentes aus an den Abgeordneten Bismarck mit den Worten:

„Ich kann nur annehmen, dass der persönliche gereizte Ton, wozu der Herr Abgeordnete keine Veranlassung hatte, da ich seine Leistungen dankbar anerkannt habe, nur aus verletzter Bescheidenheit herrühre, weil ich ihn einen namhaften Diplomaten genannt habe. Ich will daher, um ihn zu befriedigen, diese Äußerung hiermit förmlich zurücknehmen, da allerdings alles, was ich von seinen diplomatischen Leistungen weiß, sich nur auf die bekannte brennende Zigarre beschränkt.“

Obwohl der Sitzungspräsident den Abgeordneten Vincke sofort wegen dieser Aussage rügt, ergreift Bismarck vom Platz aus das Wort und bellt beleidigend zurück.

Der Parlamentspräsident bricht daraufhin die Sitzung ab und die Presse hat für den nächsten Tag ihre Schlagzeilen.

Heute würden solche Beleidigungen im Bundestag nur noch die Parlamentsstenographen interessieren, damals war sich die Presse darüber einig, dass die beiden Redner ihre Ehre auf dem außerparlamentarischen Weg wieder herstellen sollten.

Schon am darauffolgenden Tag überbringt der Kartell-Träger (Sekundant) Vinckes, Herr von Saucken-Julienfelde die Duell-Forderung.

Bismarck hatte als Göttinger Korpstudent während seines Studiums 25 Mensuren geschlagen und galt als versierter Fechter. Sein Sekundant Oskar von Arnim-Kröchlendorff schlug daher ein Säbel-Duell vor.

Auch Vinckes war als Korpstudent ein sehr guter Fechter, der vor keinem Zweikampf zurückschreckte. Bereits 1833 war er wegen eines Duell-Deliktes zu Festungshaft verurteilt worden.

Offenbar hatte Vinckes von dem reaktionären Bismarck im Parlament genug und lehnte ein Säbelduell ab. Als Beleidigter hatte er ja die Waffenwahl.

Die Kartellträger einigen sich auf ein Pistolenduell mit vierfachem Schusswechsel auf 15 Schritte Entfernung.

Das bedeutet ein Duell auf Leben und Tod.

Bismarck sucht in der Nacht vor dem Zweikampf geistlichen Beistand bei dem protestantischen Superintendenten Carl Büchsel. Der lehnt jedoch das Duell entscheiden ab und verweigert Bismarck das Abendmahl.

Vincke seinerseits schreibt seiner Frau einen bewegenden Abschiedsbrief. Er legt fest, wo er beigesetzt sein möchte und bittet einen Freund, seine Frau schonend von seinem Ableben zu informieren und ihr die genau bezeichneten Papiere in seinem Schreibtisch auszuhändigen.

Als Duell-Ort war ein Ort am Tegeler Seeufer festgelegt worden, das Duell auf 8 Uhr am 25.März 1852 terminiert. Als Unparteiischer fungierte Ludwig von Bodelschwingh.

Sekundant auf Bismarcks Seite war sein Schwager von Arnim-Kröchlendoff, dem er auch die Fürsorge für sein ungeborenes Kind ans Herz legte.

Bismarcks Frau war nämlich schwanger und aus verständlichen Gründen nicht in die Duellpläne ihres Mannes eingeweiht.

Vinckes Sekundant war Oberstleutnant Karl von Vincke-Olbendorf, sein Kartelträger von Saucken-Julienfeld sogenannter parteilicher Zeuge.

Parteilicher Zeuge auf Bismarcks Seite waren sein Bruder und der Gardeoberst Graf Eberhard zu  Stollberg-Werningerode,  der nach anderen Quellen auch als Sekundant Bismarcks im Duell genannt ist.

Als die Sonne aufging herrschte klares sonniges Wetter. Das Seeufer war dchneebedeckt und die Anwesenden waren sich sicher, dass sich dieser frische Schnee bald mit dem Blut der Duellanten röten würde.

Vor dem Beginn des Duells versuchten der Unparteiische und die Kartellträger pflichtgemäß eine gütliche Einigung zwischen Bismarck und Vincke herbeizuführen. Diese lehnten ab.

Daraufhin änderte der Unparteiische die Duellbedingungen von einem vierfachen auf einen einfachen Schusswechsel. Da ihm dies angesichts der Art der Beleidigung als ausreichend erschien.

Dem wurde zugestimmt.

Bevor nun die Kiste mit den Duellpistolen gezückt wurde, ließ der Kartelträger Vinckes Herr von Saucken-Julienfeld beim Kartellträger Bismarcks vortragen, dass Vincke auf das Duell verzichtet, falls sich Bismarck förmlich entschuldigt.

Bismarck lehnte ab, zu revozieren. Ein Verzicht hätte den erzkonservativen Bismarck bei seinen Standesgenossen der Lächerlichkeit preisgegeben.

Dann luden die Sekundanten die Duellpistolen. Es waren Pistolen mit gezogenen Läufen für einen präzisen Schuss. Dabei wurde allerdings eine der Pistolen mit Pulver überladen und für das Duell unbrauchbar. Dementsprechend konnte auch die zweite der vorgesehenen Zwillingspistolen nicht eingesetzt werden.

Da noch ein Zwillingspaar sogenannter Sekundatenpistolen mit ungezogenen Läufen zur Verfügung stand, griff man auf diese als Notlösung zurück.

Sie hatten aber ein anderes Kaliber als die Kugeln im Duellkoffer. Beim Versuch trotzdem zu laden, brach ein Ladestock ab und blieb bei einer der Pistolen im Lauf stecken.

Von irgendwoher tauchten dann auf einmal zwei gleichartige kurzläufige Pistolen auf, eher Salonpistolen wie sie die Damen der Halbwelt bisweilen in ihrem Strumpfband tragen.

Der Unparteiische lud nun diese beiden Pistolen.

Die Duellanten wurden auf 15 Schritt mit geladener Waffe gegenüber gestellt.

Der Unparteiische gab seine Kommandos vor dem Schusswechsel bekannt:

Bei „eins“ werden die Pistolen gehoben. Bei „zwei“ ist zu zielen und zu schießen, ehe das Kommando „drei“ gegeben wird. Zwischen „zwei“ und „drei“ wird der Unparteiische ausreichend Zeit lassen-

Die Schüsse fielen fast gleichzeitig unmittelbar nach dem Kommando „zwei“.

Bismarck stand noch.

Durch den sich verziehenden Pulverdampf hindurch fiel sein Blick auf Vincke.

Der stand auch noch und war unverletzt.

Bismarck schritt auf Vincke zu. Die Ehre der Duellanten war wieder hergestellt. Noch am Duellort kam es zur Aussöhnung wie der Unparteiische Bodelschwingh später niederschrieb.

Die Zeitungen berichteten lapidar am kommenden Tag vom Gerücht eines Duells zweier hoher Standespersonen. Mehr nicht.

Analysiert man nun dieses Duell genauer, so wird man den Verdacht nicht los, dass hier ohne das Wissen der Duellanten hinter den Kulissen ein wenig geschoben wurde.

Warum funktionierten beide Pistolenpaare nicht? Wo kamen auf einmal die beiden Salonpistölchen her und warum wurden sie schließlich vom Unparteiischen und nicht von den Sekundanten geladen?

Und schließlich: Alle am Duell direkt und indirekt Beteiligten sind akribisch in mehreren Berichten und Aufzeichnungen der Teilnehmer namentlich mit ihrer Funktion genannt. Niemand erwähnt freilich den bei solchen Duellen unverzichtbaren Arzt. Rechnete der Unparteiische vielleicht schon im Vorfeld mit einem unblutigen Ausgang?

Betrachten wir uns seine Herkunft näher, stellt man fest, dass Bodelschwingh ein Cousin Vinckes war.

So hat dieser vorausschauende Unparteiische möglicherweise zwei wichtige Politiker der Deutschen Geschichte gerettet.

 

Wie wir am Beispiel des Bismarck-Duells sehen hatte der protestantische Superintendent Büchsel aufgrund seines Glaubens erhebliche Vorbehalte gegen Duelle.

Gleichwohl war das Duell in den sogenannten höheren Kreisen des 19. Jahrhunderts ein so fester Bestandteil des persönlichen Ehrbegriffes, dass selbst spätere hohe Würdenträger der katholischen Kirche einem Duell nicht aus dem Wege gehen konnten.

Als Beispiel kann hier Wilhelm Emanuel von Ketteler genannt werden, der während seines Studiums in Göttingen Mitglied im Studentischen Corps Guestphalia war. Ketteler forderte nach einer Beleidigung den Mit-Studenten Lohmann, Mitglied der Korporation Bremensia zu Göttingen zum Zweikampf.

Dieses studentische Duell wurde im Jahre 1830 in 12 scharfen Gängen auf „Korbschläger“ also mit Rapierklinge ausgetragen.

Kettelers Sekundant war der Graf von Korff, Unparteiischer war Felix Graf von Platen, Als Duellarzt fungierte der Prorektor der Universität Prof. Dr. med. Josef Pauli.

Im vierten scharfen Gang erhielt von Ketteler durch Lohmann einen Hieb über die Nase, die daraufhin in Fetzen herabhing und so das Duell beendete.

Obwohl sogar der Prorektor in dem Duell beteiligt war, sah sich die Universität gezwungen Maßnahmen zu ergreifen.

Lohmann, der bereits wegen anderer Duelle aktenkundig geworden war, durfte ein Semester lang nicht mehr an die Universität. Wir finden ihn später als erfolgreichen Rechtsanwalt in Stade.

Der bislang unauffällige von Ketteler musste 14 Tage im Karzer der Universität absitzen was ihn nicht daran hinderte später ein wichtiger Bischof und Politiker zu werden. Trotz mehrerer plastischer Operationen blieb ihm jedoch die lädierte  Nase bis an sein Lebensende eine Erinnerung an dieses Duell.

Nach dem ersten Weltkrieg und in den Jahren zwischen den Weltkriegen war die alte Gesellschaftsordnung weggeschwemmt worden und das Duell hatte kultur- und sozialpolitisch seine Bedeutung verloren.

In der Nazizeit gab es unter dem Aspekt eines neu entstanden Ehrbegriffes vereinzelt Ansätze den Zweikampf wieder zu beleben.

Bereits 1933 lockerten die Nazis das Duellverbot der Weimarer Republik und Heinrich Himmler erlies1935 ein Regelwerk für den Zweikampf bei der SS.

Nach diesem Regelwerk gab es am 17. Oktober 1937 ein Pistolenduell zwischen dem Journalisten Robert Strunk (Völkischer Beobachter) und dem Geliebten seiner Ehefrau, dem HJ Gebietsführer Horst Krutschinna, bei dem Strunk so schwer verletzt wurde dass er trotz Notoperation eine Woche später in der Klink, in dessen Park das Duell stattgefunden hatte starb.

Danach wurden Duelle durch Führerbefehl verboten.

Dennoch wäre es noch 1943 mitten im Krieg noch zu einem Duell gekommen, nachdem sich Generalfeldmarschall Günther von Kluge durch den Panzergeneral Heinz Guderian beleidigt fühlte und diesen zu einem Pistolenduell forderte. Hitler verhinderte dieses Duell höchst persönlich..

Duelle sind heute eher seltener geworden und in Deutschland lebt nur noch die studentische Mensur als ein wohl gepflegtes Relikt der Duell-Tradition weiter.

Aber noch immer regen Duelle unsere Phantasie an und sind sogar Bestandteil epischer Zyklen bekannter Kinofilme beispielsweise aus der Star Wars Reihe.

Dort liefert sich das Gute in Person des Jedi Ritters Obi Wan ein klassisches Duell gegen das Böse von  Gestalt Darth Vader.

Allerdings nicht mit Degen oder Pistolen, sondern mit Laserschwertern.